Full text: Allgemeine Staatslehre

Siebentes Kapitel. Die Lehren von der Rechtfertigung des Staates. 211 
Adams, daher kann cr ihn historisch nur aus dem freien Konsens 
der Adamssöhne ableiten. 
Auf dem Kontinente wurde die Lehre des Hobbes vom 
Staatsvertrag in schulgerechte Formen gebracht: durch Pufen- 
dorf. Den einen, den Zwiespalt in sich bergenden Vertrag des 
Hobbes zerlegt er in mehrere Akte: in den Unionsvertrag, durch 
welchen aus den einzelnen ein Volk wird, das decretum, durch 
welches das Volk die Staatsform festsetzt. und den Subjektions- 
vertrag, durch welchen dem Herrscher die Regierungsgewalt über- 
tragen wird!). Dadurch wird der Staat vor allem von der Existenz 
der jeweiligen Dynastie unabhängig. Der 'rationale Charakter 
der Lehre wird von Pufendorf behauptet, teils, indem er die 
Verträge als unausgesprochenen Willensinhalt der ursprünglichen 
Konstituenten des Staates erklärt, teils, indem er die Nach- 
geborenen und die Fremden sich dem Staate stillschweigend 
unterwerfen läßt. Immerhin ist aber für Pufendorif die vertrags- 
mäßige Entstehung des Staates auch ein historischer Vorgang ?). 
Seine Lehre mit verschiedenen Modifikationen wird die herrschende 
des Naturrechts bis gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts und 
damit auch die Vermischung des Historischen mit dem Rationalen. 
Einen ganz anderen Weg nimmt aber "die Vertragslehre bei 
Rousseau?®). Bei ihm unterliegt es für den, der seinen contrat 
social wirklich gelesen hat, keinem Zweifel, daß er in seinem 
welterschütternden Werke nicht den bestehenden Staat erklären, 
sondern den dem Wesen des Menschen entsprechenden Staat auf: 
zeigen und rechtfertigen wollte*). Davon äusgehend, daß der als 
  
ı vIl2 887,8. 
2) 1.c.88. 
3) Über ihn neuestens H:Rodet, Le contrat social et les idees 
politiques de J.J. Rousseau 1909, und in breiten apologetischen Aus- 
führungen Haymann, J.J. Rousseaus Sozialphilosophie 1898. Wenn 
hier auch manche der hergebrachten Irrtümer über die Lehre Rousseaus 
von neuem widerlegt sind, so ist doch dieser Versuch, durch Wider- 
sprüche verdeckende Interpretationskunst Rousseau zum Schöpfer eines 
originalen, in sich festgeschlossenen Gedankensystems zu stempeln, er- 
folglos. — Über das Verhältnis, von Hobbes zu Rousseau G.Jellinek 
in dem Vortrage „Die Politik des Absolutismus und die des Radikalismus“ 
(Ausg. Schriften u. Reden II 1911 S.3£f.). 
4) Ähnlich wie Rousseau — vielleicht von ihm beeinflußt — verhält 
sich Blackstone, Commentaries I p. 52, zum „original contract of 
society“. Vgl. auch Rehm ‚Staatslehre S. 267. 
14*
	        
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