Full text: Allgemeine Staatslehre

218 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
Maß abstrakter Wahrheit, das ihnen innewohnt, sondern durch 
die Stärke und Tiefe, mit der sie die Geister zu beherrschen 
imstande sind. 
Der Fehler, sich. auf eine vorstaatliche Rechtsordnung zu 
stützen, ist allen Rechtstheorier gemeinsam.. Seit dem klaren 
Einblick in ‚das. Wesen des Rechts, den die Wissenschaft der 
Gegenwart gewonnen hat, gehören sie der Vergangenheit an, 
mag immerhin ihre Wirkung tatsächlich noch bis in die Zu- 
kunft dauern. 
4. Die ethische Theorie. 
Den ‚Staat als eine sittliche Notwendigkeit nachzuweisen und 
dadurch vor dem’ Individuum zu rechtfertigen, liegt ‚bereits in der 
Konsequenz der religiösen Theorie, indem der den Staat 
gründende ‚göttliche Willensakt zugleich eine sittliche Forderung 
an den einzelnen enthält, ihn anzuerkennen. Aber auch, un- 
abhängig von religiöser Grundlage tritt die ethische Begründung 
des Staates seit alter Zeit auf. Für die antike Philosophie in 
ihrer Vollendung ist- ein menschenwürdiges Leben außerhalb des 
Staates undenkbar. Bei Plato und Aristoteles wird der 
Mensch erst in der staatlich geordneten Gemeinschaft zum 
Menschen .im vollen Sinne, da nur in dieser sich die ganze 
Menschennatur entfalten kann. Außerhalb des Staates wäre er 
ein Gott oder ein Tier; die sittliche Vollendung, die zu erstreben 
Bestimmung des Menschen, ist nur im Staate möglich. Aber 
auch die neuere naturrechtliche Lehre behauptet, wie bereits an- 
gedeutet, häufig ein sittliches Gebot als causa nemota des Staates. 
So schon Hobbes. Ihm ist es die mit dem Moralgesetze 
übereinstimmende lex naturae fundamentalıs, die Frieden zu 
suchen gebietet, der dauernd nur im Staate zu finden ist!). 
Nach den Prinzipien Chr. Wolff£fs folgt aus der höchsten mo- 
ralischen Pflicht der Vervollkommnung die Notwendigkeit der 
Errichtung des Staates?). Das Rechtsgesetz erklärt Kant zu- 
gleich für einen kategorischen Imperativ und damit auch die 
Begründung der menschlichen Vereinigung unter Rechtsgesetzen, 
‚als welche ihm der Staat sich darstellt3). Noch energischer hat 
es Fichte als absolute Gewissenspflicht bezeichnet, sich mit 
  
1) De cive II 2. 
2) Jus naturae II 8878, 79, VIII $1. 
®) A.a.0O. Einleitung & C, '$ 45.
	        
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