Full text: Allgemeine Staatslehre

222 Zweites Buch. Allgemeine Soziallehre des Staates. 
Zwangsstaat als notwendige historische Erscheinung zeigen, und 
fordern trotzdem, die eine Staatslosigkeit, die andere einen Staat, 
ohne Zwangsgewalt für die durch menschliche Tat zu realisierende 
Zukunft. Die psychologisch-historische Theorie erklärt mit nichten 
die Notwendigkeit der staatlichen Zwangsgewalt. Von ihr aus 
ist und bleibt der Staat eine historische Kategorie, der als solcher 
niemals der Charakter einer Rechtfertigung innewohnen kann. 
Sie erklärt das Sein, aber nicht das Sein-sollen des Staates. 
Um den Staat zu rechtfertigen, bedarf diese Lehre demnach 
einer Ergänzung. Sie wird allerdings nicht darın liegen können, 
daß der Philosoph durch einen Machtspruch. den Staat für ver: 
nunftnotwendig .erklärt, wie es bisher von .den meisten Ver- 
tretern der ethischen Theorie geschehen ist, die das historisch 
Gegebene oder zu Erreichende zu Elementen eines metaphysischen 
Weltbildes sublimierten. Vielmehr kann der Nachweis der Not: 
wendigkeit des Staates. nur durch sorgfältige Betrachtung der 
gegebenen Welt und der Personen, für welche er bestimmt ist, 
geführt werden. .Nicht geführt kann er werden für die, welche 
grundsätzlich die Welt und den historischen Prozeß verwerfen, 
also z.B. für extreme religiöse Anarchisten und jene Xıhilisten, 
die nur zerstören und nicht aufbauen wollen und jede Diskussion 
ihres Beginnens abweisen. So wenig der entschlossene Selbst: 
mörder vom Werte des Lebens, so wenig werden solche vom 
Werte des Staates überzeugt werden ‚können. Gerichtet werden 
kann die Rechtfertigung des Staates nur an diejenigen, welche 
grundsätzlich die Kultur und daher auch deren Bedingungen be- 
jahen. Für diese, möge ihr Standpunkt sonst auch noch sg 
extrem und staatsfeindlich sein, ergibt aber wissenschaftliche 
Untersuchung folgende unverrückbare Resultate. 
Alles ersprießliche menschliche Wirken ist nur möglich unter 
der Voraussetzung. des Bestehens von Organisationen, d. h. von 
festen, konstanten Verbindungen einer Mehrheit menschlicher 
Willen. Sowohl zu gemeinsamer Abwehr von Störungen als auch 
zu gemeinsamer schaffender Arbeit haben stets Organisationen 
der mannigfaltigsten Art und von den verschiedensten Werten 
bestanden und bilden sich fort und fort innerhalb des staatlichen 
Verbandes.- Schon diese, überwiegend durch freien Willen ihrer 
Glieder’ geschaffenen Verbände bedürfen einer mit Machtmitteln 
ausgerüsteten, Organisation, um zu existieren und ihre Zwecke 
zu erfüllen. Ohne das Dasein.einer, wenn auch noch so leichten,
	        
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