Zwölftes Kapitel. Die Gliederung des öffentlichen Rechtes. 391
lich-rechtlichen Ansprüchen des Beamten an den Staat, von der
Art der staatlichen Kontrolle der Kommunalverwaltung, von der
Ausübung der staatlichen Kirchenhoheit.
Zum Staatsrecht zählt auch die Lehre von den öffentlichen
Verbändent!). Im Zusammenhange mit der Lehre vom Sozialrechte
als dem Gegenstücke des Privatrechts ist auch die Theorie vom
Genossenschaftsrechte aufgestellt worden als dem Oberbegriffe,
unter den das gesamte Staatsrecht zu subsumieren wäre. Wenn
nun auch unleugbar alle Verbände bis zum Staate hinauf in
ihrer Struktur bedeutsame Analogien zeigen, so ist dennoch der
Staat nicht ein Verband unter vielen, sondern der alles beherr-
schende Verband. Wenigstens war es zu allen Zeiten so, in
denen die Erscheinung des Staates zu klarem und scharfem
Ausdruck gekommen ıst: in der antıken Welt und seit der Zeit,
wo der moderne Staat sich zur siegenden Macht erhob, ist er
nicht eines unter vielen gleichartigen in ihm enthaltenen und
neben ihm stehenden anderen Gemeinwesen, sondern er ist einzig
in seiner Art. Alle anderen Verbände nicht-staatlichen Wesens
sind mehr oder weniger von der staatlichen Organisation in
ihrer Bildung beeinflußt. Nicht Verein und Gemeinde sind vor-
bildlich für den Staat, sondern umgekehrt, der Staat ist vor-
bildlich für deren Organisation, die er außerdem durch Gesetze
ganz oder in ihren Grundzügen vorschreiben kann?).
Die Verbände teilen sich in private und öffentliche. Die
ersteren sind Produkte privatrechtlicher Rechtshandlungen und
teilen den Zweck des Privatrechts, überwiegend individuellen
Interessen dienstbar zu sein. Nicht nur durch individuelle, son-
dern auch durch kollektive, auf dem Wege der Assoziation sich
äußernde Tat können private Interessen befriedigt werden. Die
innere Rechtsordnung solcher Verbände ist daher dem Privatrecht
keineswegs entrückt. Zudem sind die Mittel, durch welche sich
diese Verbände die Erfüllung ihrer Rechtsordnung garantieren,
nicht unterschieden von denen, welche dem Individuum zum
Zwecke des Schutzes seiner Privatrechtssphäre zur Verfügung
stehen. Trotzdem die Stellung der privaten Verbände zu ihren
Mitgliedern und die Mitgliedschaftsrechte dieser einen anderen
1) Vgl. mein System Kap. XV, XVII. Ferner O.Mayer II S. 366 ff.
2) So mußte erst der Rechtsstaat da sein, ehe der Gedanke an
eine „Rechtsgemeinde“ (Wittmayer Eigenwirtschaft d. Gemeinden
1910 S. 198) aufkommen konnte.