470 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
jedoch dem Volke einen Anteil gewähre!), Damit war die
juristische Formulierung für das monarchische Prinzip gefunden,
das in der Anwendung auf die deutschen Verhältnisse zuerst ın
den süddeutschen, unter dem Einflusse der Charte stehenden
Verfassungen zum geselzgeberischen Ausdruck kommt?), im
1) Die wichtigsten Sätze lauten: „Nous avons consider& que, bien
que l’autorit& tout entire rösidät en France dans la personne du Roi,
nos pr&decesseurs n’avaient point hesit€ & en modifier l’exercice, suivant
la difförence des temps ....nons avons reconnu que le vou de nos sujets
pour une charte constitutionelle &tait l’expression d’un besoin reel....
nous avons dü nous souvenir aussi que notre premier devoir envers nos
peuples &tait de conserver, pour leur propre interet, les droits et les
prerogatives de notre couronne....nous avons volontairement, et par
libre exercice de notre autorit&e royale, accord& et accordons, fait con-
cession et octroi A nos sujets, tant pour nous que pour nos successeurs,
et & toujours, de la Charte constitutionnelle‘“ Duguit et Monnier
Les constitutions et les principales lois publiques de la France depuis
1789, 2.ed. 1908 p.183f. Vgl. zum folgenden die ausführlichere Dar-
stellung bei G.Jellinek Regierung und Parlament in Deutschland
1909 S. 6ft.
2) Bayer. Verf. vom 26. Mai 1818 Tit. Il $1: Der König ist das Ober-
haupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt
sie unter den von Ihm gegebenen in der gegenwärtigen Verfassungs-
urkunde festgesetzten Bedingungen aus. Übereinstimmend Baden, Verf.
v.22, August 1818 $5, Württemberg, Verf. v. 25. Sept. 1819 $ 4 und Hessen,
Verf. vom 17. Dez. 1820 $4. Diese Formel findet sich zuerst in dem von
König Wilhelm I. den württembergischen Ständen vorgelegten Verfassungs-
entwurf vom 3. März 1817, auf welche in der Literatur bisher ganz
unbeachtete Tatsache mich Anschütz aufmerksam macht. Vgl. dazu
Hubrich, Das monarchische Prinzip in Preußen, Ztschr. £. Politik 1
3.209, der auf einen noch früheren, übrigens schon von E.Kaufmann,
Studien zur Staatslehre des monarchischen Prinzipes 1906 S.45, er-
wähnten, sehr allgemein gehaltenen und kaum beweiskräftigen Ausspruch
Friedrichs ]J. von Württemberg in der Thronrede vom 15. März 1815 hin-
weist („Die persönliche Freiheit und die bürgerlichen Rechte der einzelnen
sind darin — d.i. in der oktroyierten Verfassung — gesichert und die
Nation wird durch Stellvertreter berufen, sich mit dem Staatsoberhaupt
zur Ausübung der bedeutendsten Rechte der Regierungsgewalt zu ver-
einigen“). Vgl. ferner H.Meisner, Die Lehre vom monarchischen
Prinzip, Berliner philos. Diss. 1913 S.2ff.,, der im württembergischen
ständischen Verfassungsentwurf von 1816 die erste deutsche Formulierung
des monarchischen Prinzips gefunden zu haben glaubt (‚Der König ist
das Haupt des Staats, und vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt,
nach den durch die Landesverfassung gesetzten Bestimmungen“). —
In die bayerische Verfassungsurkunde wurde die Formel sodann auf den
Antrag Zentiners in der Ministerialkonferenz vom 21. April 1818 ein-