Full text: Allgemeine Staatslehre

488 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
scheinen sie jedoch in viel höherem Maße die Aufgabe eines 
staatlichen Gemeinwesens zu erfüllen als die sie umfassenden 
Reiche. Die Fülle autonomer Verbände der mittelalterlichen Welt 
unter den modernen Begriff des Kommunalverbandes zu beugen, 
würde auch nichts als eine unhistorische Übertragung heutiger 
Anschauungen auf eine unter ganz anderen Bedingungen existie- 
rende Staatenweli bedeuten. 
Ebensowenig aber war mit dem Souveränetätsbegriff auch 
die dem Bodin und seinen Nachfolgern gleichzeitige Staaten- 
welt völlig zu begreifen. Bodın selbst muß verschiedene Modi- 
fikationen der Souveränetät zugeben!), und Loyseau in seinem 
gründlichen Trait& des Seigneuries betont energisch die Identität 
von Staat und Souveränetät, muß aber doch das Dasein von 
„princes subjects mit Souveränetätsrechten zugeben ?), ferner, 
daß Protektion, Tribut und Lehnsverhältnis ‚„rabaissent et di- 
minuent le lustre de l’Etat souverain, qui sans doute n’est pas 
si pur, si souverain et si maiestatif (s’il faut ainsi dire) quand 
il est subject ä ces charges“). Ebenso haben später Schrift- 
steller der naturrechtlichen Epoche, die sich mit der realen 
Staatenwelt beschäftigen, die Existenz nichtsouveräner Staaten 
behauptet, denen sie verschiedene Namen geben®). Allen voran 
stehen die deutschen Publizisten, die in den letzten Reichszeiten 
den staatsgewaltartigen Charakter der Landeshoheit behaupteten’). 
Aber auch die völkerrechtliche Literatur vermag mit dem Souve- 
ränetätsbegriff nicht die Gesamtheit der internationalen Rechts- 
subjekte zu erfassen und sieht sich daher in die Notwendigkeit 
versetzt, eine besondere Kategorie von Staaten ohne Souveränetät 
zu schaffen, für welche seit J. J. Mosers unklaren, unter dem 
Einfluß der Lehren von der persönlichen und dinglichen Souve- 
ränetät stehenden Ausführungen®) die widerspruchsvolle, aber 
  
1) De rep.19 p. 169£f. 
2) A.a.0. p.31f. 
3) p. 34, Trotzdem bleiben die solche Staaten beherrschenden Fürsten 
souverän. 
4) Vgl. Lehre von den Staatenverbindungen S. 38f.; Gierke 
Althusius S.248f. (besonders Nettelbladt). 
5) Über sie Brie Der Bundesstaat 1874 S.28ff.; Pütter (und 
seine Schule); Rehm Staatslehre S.50ff. (namentlich Kreittmayr). 
6) Beyträge zu dem neuesten Europ. Völkerrecht in Friedenszeiten I 
3.596. Vgl. darüber Boghitch&vitch Halbsouveränetät 1903 S. 104 ff. 
Rehm, Staatslehre S.69, will, obwohl er die Teilbarkeit der Souve-
	        
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