Full text: Allgemeine Staatslehre

Vierzehntes Kapitel. Die Eigenschaften der Staatsgewalt.e. 497 
Diese abstrakte Überlegung ist aber, wie so viele Sätze 
der Staatsrechtslehre, das Resultat langer politischer Erfahrung. 
Die Theorie hat nur nachträglich formuliert und systematisch 
gerechtfertigt, was die geschichtliche Wirklichkeit hundertfältig 
gelehrt hat. 
Die Lehre von der Teilbarkeit der Staatsgewalt ist zweimal 
zu politischen Zwecken aufgestellt worden. Das eine Mal, um 
den konstitutionellen Staat zu begründen, das andere Mal, um 
den Bundesstaat zu konstruieren. Die erste Theorie ist eine 
rationale, ihrem ÜUrsprunge nach bestimmt, einen Idealtypus des 
Staates zu schaffen. Die zweite bezeichnet den ersten Versuch, 
ein neues politisches Gebilde zu begreifen, das mit den über- 
kommenen Kategorien nicht zu erfassen war. 
Beide Lehren aber ruhen auf der herkömmlichen Verwechs- 
lung der Begriffe „Staatsgewalt‘“‘ und ‚„Souveränetät‘‘. In Wahr- 
heit handelt es sich nur um die Frage, ob die als Inhalt der 
Souveränetät gedachte Staatsgewalt teilbar sei. 
Die erste Lehre bewegt sich auf dem Boden der Vorstellungen 
von der mit der Staatssouveränetät identifizierten Organsouve- 
ränetät. Die zweite hingegen steht gänzlich auf der Basis der 
modernen Souveränetätslehre, die in ihrer konsequenten Fassung 
nur der Staatsgewalt Souveränetät zuschreibt. 
1. Die Lehre von der Gewaltenteilung. 
Die naturrechtliche Staatslehre hatte erklärt, daß einem 
Organe — Fürst, aristokratisches Corpus, Volksgemeinde — die 
ganze Souveränetät zu eigenem Rechte zustehen „müsse. Daß 
eine Teilung der Souveränetät zwischen mehreren Staatsgliedern 
stattfinden könne, bezeichnet Hobbes als eine aufrührerische 
Lehre, die zur Auflösung des Staates führt!). Konzentration der 
Staatsgewalt in einem einheitlichen Willen, sei es nun der einer 
physischen Person oder eines „Corpus‘, wird von der Natur- 
rechtslehre als logische Folge des Staatsbegriffes erklärt. Meist ist 
es die alte Analogie zwischen Staat und Mensch, die zum Beweise 
herangezogen wird. Wie die Seele unteilbar sei, so auch die 
Souveränetät, die zwar verschiedene Vermögen besitzen, aber 
nicht in viele Teile zerlegt werden könne?). 
  
der Staatsgewalt und Souveränetät eine neue Verbrämung gibt. \gl. auch 
die treffenden Bemerkungen von G.Meyer, StR. S.6 N.6. 
1) De cive XII5. 
2) Belege siehe G.Jellinek L. v. d. Staatenverbindungen S. 26 N. 33. 
G.Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 32
	        
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