Full text: Allgemeine Staatslehre

Sechzehntes Kapitel. Die Staatsorgane. 549 
nur ein einziges unmittelbares Organ aufzuweisen hat, unter diesen 
wiederum derjenige, dessen Organ nicht aus Teilorganen besteht, 
also eine physische Person ist. Die absolute Monarchie ist daher 
die einfachste und unentwickeltste Form des Staates, weshalb sie 
auch vielen heute noch allein völlig verständlich erscheint. 
Wenn eine Mehrheit unmittelbarer Organe in. einem Staate 
vorhanden ist, so sind zwei Fälle möglich: entweder sind diese 
Organe alle selbständig, oder neben den selbständigen stehen un- 
selbständige. Selbständige unmittelbare Organe sind stets mit staat- 
licher Herrschergewalt ausgerüstet, die unselbständigen mangelt. 
In diesem Falle ist das Verhältnis des selbständigen zum un- 
selbständigen klar und einfach; das selbständige ist das höhere 
und machtvollere. Anders, wo mehrere selbständige Organe neben- 
einander stehen. In solchem Falle muß entweder strenge Zu- 
ständigkeitsabgrenzung zwischen den Organen stattfinden, oder es 
ist ein politischer Kampf zwischen ihnen unvermeidlich, dessen 
letztes Ziel entweder völlige Vernichtung des einen Organes durch 
das andere oder Herabdrückung des einen auf die Stufe einer 
Scheinexistenz oder eines unselbständigen Organes oder endlich 
Verschmelzung beider Organe zu einem einzigen sein kann. Ko- 
ordinierte selbständige Organe mit gleichen oder konkurrierenden 
Kompetenzen gefährden immer die Einheit des Staates und können 
daher auf die Dauer nicht nebeneinander existieren. Die römische 
Dyarchie von Princeps und Senat, der römisch-deutsche Kaiser 
und der Reichstag, das Parlament und der König von England 
bieten Beispiele von Staaten, in welchen solcher Kampf der 
Organe in augenfälliger Weise stattgefunden hat, wenn auch 
die schließliche Herabdrückung des einen Organes zugunsten des 
anderen nicht immer in juristischer Form zum Ausdruck ge- 
kommen ist. In jedem Staate ist das Streben vorhanden, die 
Staatsgewalt in einem Organe zu konzentrieren, da jedes selb- 
ständige Organ nach Macht strebt und nur durch den Wider- 
stand anderer Organe an der Erreichung des Zieles, die höchste 
Macht zu erringen, gehindert werden kann. In solchem Kampfe 
wird sich schließlich ein Organ als das mächtigere erweisen, ohne 
daß deshalb die anderen ganz zurückgedrängt werden müssen. 
Allgemeine Sätze lassen sich hier nicht aufstellen ; es kommt ganz 
auf die konkreten Verhältnisse des Einzelstaates an. Das hervor- 
ragendste Beispiel hierfür bietet die neuere Verfassungsgeschichte 
Englands, wo bei gleichbleibender äußerer Form der Organisation
	        
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