Full text: Allgemeine Staatslehre

30 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen. 
aller Gleichartigkeit und Ähnlichkeit mit anderen doch stets ein 
Element individueller Bestimmtheit dar, das sie von allen anderen, 
wenn auch noch so nah mit ihnen verwandten spezifisch unter: 
scheidet. Kein soziales Ereignis ist bloß Repräsentant einer 
Gattung, sondern zugleich etwas nur einmal Daseiendes, niemals 
mehr in genau derselben Form Wiederkehrendes, wie denn über- 
haupt in der unabschbaren Fülle menschlicher Individualitäten 
niemals dasselbe Individuum sich wiederholt. 
3. Die Forschung nach den Typen in der Sozialwissenschaft. 
Trotz dieser Mannigfaltigkeit ist aber die Differenz zwischen 
den Individuen nicht so bedeutend, daß nicht gewisse Ähnlich- 
keiten in ihrer psychischen Ausgestaltung stattfänden. Neben 
den individualisierenden sind auch weitgehende gemeinsame 
Elemente in ihnen enthalten. Fehlten diese, so wäre es über- 
haupt nicht möglich, zu einer wissenschaftlichen Aussage über 
menschliche Dinge zu gelangen. Triebe, Fähigkeiten, Anlagen 
sind bis zu einem gewissen Grade, sei es allen Menschen, sei es 
einem weiteren oder engeren Kreise unter ihnen gemeinsam. 
AN unsere Lebensklugheit beruht auf der Erkenntnis des 
Gleichartigen in der menschlichen Natur, all unser Schaffen und 
Sorgen für die nahe und ferne Zukunft auf der Überzeugung, 
daß in der Mannigfaltigkeit der menschlichen Dinge sich dennoch 
stets ein Identisches, von der Besonderheit der Individuen Un- 
abhängiges offenbart. 
Mit dieser Erkenntnis: ist der sozialwissenschaftlichen 
Forschung Weg und Ziel gewiesen. Bei natürlichen Vorgängen 
derselben Art überwiegen für das wissenschaftliche Interesse die 
identischen Elemente, während diese bei sozialen durch die indi- 
vidualisierenden Elemente derart zurückgedrängt werden, daß 
soziales Geschehen sich niemals in gleicher, sondern nur ın 
analoger Weise wiederholt. Die erklärende Naturwissenschaft 
kann daher die individualisierenden Elemente in großem Umfange 
ignorieren: sie kann mit Erfolg das Identische in den Er- 
scheinungen festhalten. Soziale Vorgänge gleicher Art bieten 
aber nur in eng begrenztem Maße Identitäten, überwiegend nur 
Analogien der Forschung dar. Daher können allgemeine Gesetze 
hier niemals die Einzelerscheinung erklären: sie darf niemals 
bloß als Verwirklichung eines Allgemeinen, das in ihr rein zur
	        
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