598 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
geschränkte und uneingeschränkte, direkte und indirekte, äußere
und innere, hohe und niedere, nutzbare und nichtnutzbare Hoheits-
rechte!). Alle diese heute bis auf wenige Überreste vergessenen
Einteilungen haben doch die eine bedeutsame Lehre hinterlassen,
daß es ein durchaus unwissenschaftliches Beginnen sei, die Staats-
gewalt durch Aufzählung ihres Inhaltes erschöpfend darstellen zu
wollen.
Von praktischer Bedeutung ist der Begriff der materiellen
Hoheitsrechte heute nur noch insoweit, als in konkreten Fällen
die Richtung der Staatsgewalt auf ein bestimmtes Gebiet bezeichnet
werden soll. Daher ist er namentlich bei der Lehre von der
Verteilung der staatlichen Funktionen unter Bundes- und Glied-
staatsgewalt im Gebrauche, will aber hier keineswegs ein Ein-
teilungsprinzip für die Erkenntnis des Wesens staatlicher Tätig-
keiten abgeben, sondern die ganze Staatsgewalt unter dem Ge-
sichtspunkte bestimmter Kompetenzen bezeichnen. \Wenn in
solchen Fällen oder sonst von Gebiets-, Kriegs-, Justizhoheit usw.
die Rede ist, so werden darunter niemals geschiedene Gewalten,
sondern getrennte Objekte der eınen Staatsgewalt verstanden.
Ein anderes Einteilungsprinzip hat sich an das Behörden-
system angelehnt. Der Landesherr zentralisiert zwar die ganze
Staatstätigkeit in seiner Person, aber unter ıhm bilden sich ver-
schiedene Arten von Behörden für die einzelnen Verwaltungs-
zweige, die demgemäß rein formell, nach dem Unterschiede dieser
Behörden, eingeteilt werden. Seit dem 16. Jahrhunderte scheiden
sich nach französischem Vorbilde in mehr oder minder scharfer
Weise besondere Organe für die auswärtigen Angelegenheiten,
die Kriegs-, Kameral-, Justiz- und Polizeisachen. \Wo mehrere
Geschäfte dieser Verwaltungszweige zusammengefaßt werden,
findet doch eine Trennung innerhalb der Behörde selbst, durch
Errichtung von besonderen Abteilungen oder durch Scheidung
in der einen oder anderen Instanz, statt. Da entsteht denn die
Lehre von den fünf großen Gebieten der Verwaltung, die in erster
Linie auf den Arten der Behörden, nicht auf einer materiellen
Verschiedenheit der Gebiete selbst beruht. Daher ist eine begriff-
liche Scheidung auf Grund dieser Einteilung sehr schwierig, in
manchen Fällen geradezu unmöglich. Bei dem inneren Zusammen-
1) Vgl. die Zusammenstellung dieser Einteilungen bei Klüber 899
Note c. Einen neuen Rückfall in diese alte Lehre bieten die Theorien
von Seidler und Rosenberg dar, vgl. oben S. 4%.