Full text: Allgemeine Staatslehre

Achtzehntes Kapitel. Die Funktionen des Staates. 607 
tistischen Theorie, daß es sich um Rechte des Herrschers, nicht 
um Objekte staatlichen Tuns handle, hat sich die Anschauung 
von der ‚materiellen Hoheitsrechten‘ bis in die Gegenwart er- 
halten, trotzdem die neuere Verwaltungsrechtswissenschaft sie mit 
Recht überwunden hat. Verwaltungszweige sind nicht selbständige 
Funktionen. Die Tätigkeit des Staates in Ausübung der Ge- 
werbepolizei, des Schulzwangs, des Finanzzwangs, des militärischen 
Dienstzwangs usw. ist wesenseins, ebenso die Voraussetzungen 
und Schranken seiner Tat auf diesen Gebieten. Sie bezeichnen 
daher die Objekte der Verwaltung, nicht die Verwaltung selbst). 
“ 1. Die erste echte Einteilung ist die im Gewande der Lehre 
von der Gewaltenteilung zum Bewußtsein gekommene. Wenn 
auch die Vorstellung einer Spaltung der Staatsgewalt selbst von 
der deutschen Wissenschaft verworfen wurde, so hat doch die 
neuere Staatsrechtslehre unter dem Einflusse der französischen 
Theorie die Dreiteilung der staatlichen Funktionen akzeptiert, 
die sich aber in wichtigen Punkten wesentlich anders darstellen, 
als Montesquieu und seine Nachfolger sie formuliert hatten. 
Vor allem verwirft die deutsche Theorie den Doktrinarismus, 
der, nicht einmal bei Montesquieu in dieser Schärfe aus- 
gebildet, die ausschließliche Zuteilung von Funktionen der einen 
Gattung an Organe verlangt, die streng von den mit der Aus- 
übung einer anderen Funktion betrauten zu scheiden sind. In 
erster Linie läßt sich die Stellung der deutschen Monarchen, die 
keineswegs bloß die Exekutivgewalt repräsentieren, durchaus nicht 
in die ältere französische Schablone pressen. Ferner aber ist 
es unmöglich, bei dem inneren Zusammenhang alles staatlichen 
Lebens eine durchgreifende Darstellung der Funktionen in den 
entsprechenden Organen vorzunehmen. 
1) Haenel, Studien II S.180ff. und Staatsr. I S. 127 ff., verwendet 
die alte Kategorie der materiellen Hoheitsrechte zur Bestimmung des 
Begriffes der Verwaltung. Verwaltung ist ihm die gesamte Staatstätigkeit 
in ihrer Richtung auf die staatlichen Aufgaben. Dieser jeder Begrenzung 
entbehrende Begriff gewährt aber keine ersprießliche Einsicht in das 
\Wesen der Staatstätigkeit. Da auch die ganze Rechtspflege nach dieser 
Anschauung Teil der Verwaltung ist, so kommt Haenel unter anderem 
zu einem die Verwaltung des Privatrechts umfassenden Verwaltungs- 
gebiet, als dessen Teil die Privatrechtsgesetzgebung erscheint (Staatsr. ] 
S.171ff.). Diese ganz eingehend entwickelte Lehre läßt sich in dem 
kurzen Satze zusammenfassen, daß bei der Lösung jeder Staatsaufgabe 
alle staatlichen Funktionen zusammenwirken müssen, was allerdings 
ebenso richtig als selbstverständlich ist.
	        
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