Full text: Allgemeine Staatslehre

Neunzehntes Kapitel. Die Gliederung des Staates. 643 
mit einem Verbande, so namentlich die Rechte, welche die 
Besitzer selbständiger Gutsbezirke noch in mehreren Staaten 
haben!). In der Regel aber ist das Recht auf Selbstverwaltung 
heute Verbänden gegeben. Nicht der einzige, aber der bei 
weitem wichtigste Fall solcher Selbstverwaltung ist die durch 
Kommunalverbände. Außer diesen gibt es zwar noch eine 
Fülle von Verbänden, die in ähnlicher Weise Selbstverwaltung 
üben?). So namentlich die Kirchen, wo sie den Charakter öffent- 
licher Körperschaften besitzen, sodann Interessenverbände ohne 
juristische Persönlichkeit, wie mitunter die Handels- und Ge- 
werbekammern oder die Innungsverbände?), oder mit solcher aus- 
gestattet, wie die Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, In- 
nungen, Handwerkskammern#). Sie sind aber, abgesehen von 
den Kirchen, Neuschöpfungen, auf der Kombination bereits vor- 
handener Prinzipien beruhend. 
Als Typus des zur Selbstverwaltung berechtigten Verbandes 
soll daher ım folgenden das Wesen der Gemeinde untersucht 
werden. Und zwar auch in erster Linie das der politischen Ge- 
meinde im engeren Sinne. Die höheren Kommunalverbände, 
die nach französischem Muster vom Staate gebildet oder um- 
gebildet worden sind, bieten keine selbständigen Probleme dar. 
Ebensowenig die Verwaltungsgemeinden zu bestimmten Zwecken, 
deren Organisation und Funktionen für die Kenntnis der Ordnung 
des Kommunalwesens des Einzelstaates, nıcht aber für eine all- 
gemeine staatliche Prinzipienlehre von Bedeutung ist?°). 
  
1) Vgl. v. Stengel s.v. Gutsbezirk im Wörterbuch des deutschen 
Verwaltungsrechts IS. 617ff.; F.W.Schmidt in der 2. Aufl. II S. 299 ff. ; 
Gluths. v. Gutsgebiet im Österr. Staatswörterbuch II, 2. Aufl. 1906 S. 606/f£. 
2) Ausschließlich als Korporationsverwaltung wird die Selbstver- 
waltung in ausführlicher Darstellung begründet in der neuesten Literatur 
von Haenel, Staatsr. I S.135ff.;, O.Mayer, II S.370ff. Die noch 
weitergehende Beschränkung der Selbstverwaltung auf die Kommunal- 
verwaltung kann heute wohl als aufgegeben betrachtet werden. \gl. 
G.Meyer S.346 und die daselbst N. 10 angeführten Schriftsteller; un- 
fassende Aufzählung nicht kommunaler Selbstverwaltungsverbände be} 
Schön Das Recht der Kommunalverbände in Preußen 1897 S.12. 
%) Ihnen kann durch Beschluß des Bundesrats Persönlichkeit beı- 
gelegt werden. Gewerbeordnung $ 104g. 
4) Vgl. Gewerbeordnung $ 103n. 
5) Zum folgenden vgl. System Kap. XVII u. Ausg. Schriften u. Reden 
II 1911. S. 334 ff. 
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