Full text: Allgemeine Staatslehre

654 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
jedoch grundsätzlich keine die Untertanen unmittelbar ver- 
pflichtenden Beschlüsse zu fassen vermögen?!). Das zeigen alle 
Staatsbehörden, auch die Gerichte, die von ihm oder in seinem 
Auftrage mit den passenden Personen besetzt werden müssen 
und erst dadurch in den Stand gesetzt werden, ihre Zuständig- 
keiten zu versehen. Daher sind die Kammern, und soweit die 
Rechtsprechung reicht, die Gerichte zwar dem Monarchen nicht 
dienstlich untergeordnet, aber nichtsdestoweniger von seinem 
Willen ın ihren Funktionen bedingt. Auch Kommunalverbände 
und andere Selbstverwaltungskörper aber, die staatliches Imperium 
als ihr Recht üben, sind seiner höchsten Aufsicht durch das 
Medium der staatlichen Verwaltungsbehörden unterstellt; sie sind 
vom Staate und damit vom Staatsoberhaupte abhängig. 
Das wesentlichste Merkmal des also festgestellten Typus der 
Monarchie besteht aber darin, daß keine Änderung der ver- 
fassungsmäßigen Ordnung des Staates anders als mit Willen des 
Monarchen ‘erfolgen kann. Soweit der Spielraum für die Ge- 
staltung der Monarchenstellung innerhalb des Typus auch sein 
mag, so viele Abweichungen ım einzelnen von diesem Typus auch 
vorkommen können, an dem Dasein der angegebenen Macht hat 
der Begriff des Monarchen seine Grenze. \o Verfassungs- 
änderungen ohne oder gegen den Willen des Staatsoberhauptes 
durchgesetzt werden können, da ist, welchen Namen auch immer 
das Staatsoberhaupt trägt, eine Monarchie nicht mehr vorhanden, 
denn die oberste richtunggebende Tätigkeit ist ihm damit ge- 
nommen. Daher war Frankreich auf Grund der Verfassung vom 
3. September 1791, welche die verfassungsändernden Beschlüsse 
des corps lögislatif der königlichen Sanktion entrückte, keine 
Monarchie mehr, sondern eine Republik mit erblichem Staats- 
haupte. In Norwegen hingegen, wo bei einfachen Gesetzen dem 
Könige nur ein suspensives Veto zusteht, bedürfen Verfassungs- 
änderungen der königlichen Sanktion2); daher fällt Norwegen 
auch unter den Typus der Monarchie. Republikanischen Prä- 
  
1) Darin gibt es allerdings später zu erwähnende Ausnahmen, vor 
allem Ministeranklagen, Wahl einer neuen Dynastie (Ungarn, Belgien), 
Einsetzung einer Regentschaft beim Mangel rechtlich hierzu Berufener. 
2) Über Dasein und Umfang des königlichen Sanktionsrechtes bei 
Verfassungsänderungen besteht in Norwegen theoretisch und praktisch 
Streit. Vgl. Bernatzik, Der Verfassungsstreit zwischen Schweden und 
Norwegen, in Grünhuts Zeitschrift XXVI S. 303ff. Bejaht wurde das
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.