Zwanzigstes Kapitel. Die Staatsformen. 687
Schließlich ıst noch eine wichtige Abweichung vom Grund-
typus der Monarchie zu erwähnen. Wenn auch als Normalfall
die Monarchie eine einzige physische Person als höchstes Organ
aufweist, so ist dennoch eine Monarchie mit einer Mehrheit ınon-
archischer Personen möglich, wofern nur die monarchischen
Willensakte nicht nach einer verfassungsmäßig bestimmten Form
unter Anwendung des Majoritätsprinzips aus dem Willen mehrerer
gewonnen werden, vielmehr jeder Akt entweder als von jedem
einzelnen der Monarchen oder von allen einzelnen als solchen ge-
meinschaftlich ausgehend angesehen wird. Solange jeder höchste
staatliche Willensakt Wille individuell bestimmter Personen, also
nicht eines Kollegiums ist, so lange bleibt der Typus der Mon-
archie gewahrt. Daher war Rom in der nachdiocletianischen
Epoche auch dann, als mehrere Augusti und Öaesares zugleich
regierten, eine Monarchie; ebenso ändert die Annahme eines
Mitregenten oder eine gemeinsame Regierung keineswegs den
Typus der Monarchie. So war England unter Wilhelm III. und
Maria (1689—1694), wo die Königin alle Staatsakte mit zu unter-
zeichnen hatte, ebenso Monarchie wie unter der folgenden Allein-
herrschaft Wilhelms (1694— 1702).
2. Die Arten der Monarchie.
Wie die Staatsformen überhaupt, so ist auch die Monarchie
den verschiedensten Einteilungen unterworfen worden. Mannig-
faltige historische und soziale Elemente sind hervorgehoben
worden, um auf ihnen besondere Typen der Monarchie auf-
zubauen. Gegen alle derartigen Versuche erheben sich dieselben
kritischen Bedenken, die wır bereits bei den allgemeinen Ein-
teilungen der Staaten kennen gelernt, in erhöhtem Maße. Es
werden nämlich oft Elemente, die nicht einmal imstande sind,
den Staat überhaupt in seiner Eigenart zu individualisieren, zur
Charakterisierung einer besonderen Staatsform verwendet, was
natürlich noch weniger gelingen kann!). Im Grunde geben auch
1) So wenn in der neuesten Literatur Rosenberg, Die juristische
Natur des deutschen Kaisertums, Preuß. Jahrbücher 103, 1901, S. 287,
auf Grund eingehender Untersuchung als Monarchen den Inhaher der
Regierungsgewalt bezeichnet, dem diese nicht einseitig von anderen
Faktoren des Staates entzogen werden kann, und wenn in ähnlicher Weise
Hatschek, Allgemeines Staatsrecht 1909 I S.9, II S.101, eine
Monarchie schon dann als vorhanden ansieht, wenn der höchste Träger