696 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
mittel zu ihrer Lösung erschien den antiken Staaten die Ver-
teilung staatlicher Kompetenzen ın der Weise, daß eine Mehrheit
von Organen geschaffen wurde, deren Wırkungskreis gesetzlich
abgegrenzt und von dem der übrigen gänzlich unabhängig war.
Am großartigsten war dieser Gedanke in dem System der
Magistraturen des republikanischen Rom durchgeführt, die ein-
ander zwar begrenzten, aber sich gegenseitig inhaltlich nicht zu
bestimmen vermochten, indem keine von der anderen abhängig
war und die par maiorve potestas Akte des gleich oder niedriger
gestellten Magistrates zwar vernichten, aber nicht anbefehlen
konnte.
Auf ganz anderen historischen Verhältnissen ruht die be-
schränkte Monarchie der mittleren und neueren Zeit, die
rechtlich die Macht des Monarchen dauernd zu begrenzen und
die Einhaltung der verfassungsmäßig aufgerichteten Schranken
zu gewährleisten bestrebt ist. Sie ist nicht aus .der in einem
einheitlichen Staatswesen rationell vorgenommenen Verteilung von
Zuständigkeiten hervorgegangen, sondern verdankt der dualisti-
schen Gestaltung des mittelalterlichen Lehnsstaates ihr Dasein.
Die beiden Staatselemente König und Volk, und zwar diese zu-
nächst als Gesamtheit der mit Herrschaftsbefugnissen ausge-
statteten, bevorrechteten Volksglieder, stehen sich anfänglich als
selbständige Rechtssubjekte gegenüber, deren gegenseitiges Ver-
hältnis auf Vereinbarung ruht und durch Vereinbarungen sich
dauernd äußert. Daraus ergibt sich eine Beschränkung der mon-
archischen Gewalt durch die anerkannten Rechte der Stände.
Die erste Form der beschränkten Monarchie ist demnach
dıe ständische Monarchie. Ihr Typus besteht darin, daß
der Monarch in seiner Regierung durch die Teilnahme der zu
ständischen Körperschaften vereinigten oder durch Beauftragte der
dort vertretenen Bevorrechteten und sodann auch durch die selb-
ständige Innehabung und Ausübung von Hoheitsrechten von
seiten der Gesamtheit der Stände oder deren einzelner Mitglieder
eingeschränkt ist. In der ständischen Monarchie erscheint das
Recht von Fürst und Ständen als gleichmäßig ursprünglich, un-
entziehbar und selbständig, als eigenes, nicht etwa aus einer über-
staatlichen Rechtsordnung abgeleitetes Recht, wenn auch fort-
währender Kampf wogt, das eine unter das andere zu beugen.
Die eigentümlichsten Merkmale der Stände sind ihre selb-
ständige Persönlichkeit gegenüber dem im Fürsten verkörperten