710 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
des Imperiums vornehmen kann. Selbst wo der Erlaß des Gesetzes-
befehls mit von ihm ausgeht, ist die monarchische Sanktion
ein wesentliches Erfordernis für die Perfektion des Befehles;
das Gesetz ist gemeinsamer Willensakt von König und Parlament.
Von dieser Regel bestehen, wie schon erwähnt, einige Ausnahmen,
Am weitesten gehen sie in England, wo der obrigkeitliche, be-
hördenähnliche Charakter des Parlamentes auch darin zum Aus-
druck kommt, daß es eine umfangreiche Selbstgerichtsbarkeit übt
und wegen Privilegienbruches auch Außenstehende zur Verant-
wortung ziehen kann.
II. Die Republik.
1. Das Wesen der Republik.
Die monarchische Gestaltung der staatlichen Institutionen
hängt eng mit dem Kriege zusammen, der zur Zusammenfassung
der staatlichen Leitung in einer Hand drängt. Daher wird die
Monarchie mit der Herausbildung fixer Staatensysteme in der
alten Welt zunächst die normale Form des Staates. Das gilt
nicht nur von den zu festen Wohnsitzen gelangten Völkern des
Orients. Auch dort, wo später republikanische Staaten sich bilden,
in den Stadtstaaten Griechenlands und Italiens, ıst die Republik
nicht ursprüngliche Staatsform, sondern im Gegensatz zu einer
anfänglichen monarchischen Organisation entstanden, deren
nähere Gestaltung allerdings nicht derart überliefert ist, daß
man ein völlig sicheres Urteil über sie abzugeben vermag.
Am deutlichsten können wir die Entstehung der Republik
in Rom verfolgen, dessen Umbildungsprozeß für den Stadtstaat
überhaupt typisch zu sein scheint. Dort hat sich die Republik
im bewußten Gegensatz zur Monarchie entwickelt; sie ist in
den Vorstellungen ihrer Gründer einfach Nicht-Monarchie; ihr
ursprünglicher Inhalt ist nichts als Negation der Einherrschatft,
was auch in dem sie bezeichnenden Worte zum Ausdruck kommt.
„Den Römern, welchen res publica, genau entsprechend deın
englischen commonwealth, das Gemeinwesen schlechthin bezeich-
net, erscheint die geänderte Verfassung, für die ein politischer
Schlagname fehlt, negativ als die Beseitigung der Einheitlichkeit
und der Lebenslänglichkeit der Gemeindevertretung, sowie ihrer
bisherigen Benennung.“t). Die Konzentration der Gewalt in eines
ı) Mommsen Abriß S. 84.