34 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre.
geberischen Initiative der Regierung!) völlig ausgeschlossen ist.
Frankreich hingegen hat nach den Erfahrungen, die es mit der
nach amerikanischem Muster gebildeten Präsidentschaft der zweiten
Republik und der auf demselben Vorbilde beruhenden Stellung
der Minister während des zweiten Kaiserreiches gemacht hatte,
in seiner heutigen Verfassung die Präsidentschaft dem Königtum
des parlamentarisch regierten Englands der Gegenwart nach-
gebildet. Wie innig die moderne Welt mit dem Gedanken der
Monarchie verknüpft ist, geht nicht zum geringsten daraus
hervor, daß die bedeutsamste, am meisten verbreitete Form der
heutigen Demokratie, die Präsidentschaftsrepublik, ihrer poli-
tischen Seite nach auf einer Abschwächung des monarchischen
Gedankens ruht.
Eine dritte Form der Präsidentschaftsrepublik war in Frank-
reich 1870—1875 verwirklicht, indem der Chef der exekutiven
Gewalt der Autorität der Nationalversammlung untergeordnet
war. Und zwar hat er ursprünglich nur die Stellung eines
Ministerpräsidenten, der das Recht hat, seine Kollegen zu wählen;
erst durch das Gesetz vom 31. August 1871 wird ihm der Titel
eines Präsidenten der Republik zuteil und er über das von ihm
ernannte Ministerium hinausgehoben, ohne deshalb der Unter-
ordnung unter die gesetzgebende Gewalt entbunden zu werden?).
Von der Monarchie unterscheiden sich bei allen äußerlichen
Ähnlichkeiten diese sämtlichen Formen darin, daß der Präsident
niemals das höchste, auch nicht unter den sekundären Organen
ist. Da, wo das Prinzip der Gewaltenteilung durchgeführt ist,
kommt ihm grundsätzlich gleiche Stellung mit den anderen
Faktoren der Staatsgewalt zu. Abgesehen aber von dem politischen
Übergewicht der Legislative ist der Präsident oder Governor in
den amerikanischen Staaten vielfach an die Mitwirkung des
Senates gebunden und unterliegt der Staatsanklage durch das
Volkshaus und dem Gerichte der Senate. Da das amerikanische
Impeachment nicht nur wegen Rechtsverletzungen, sondern auch
wegen der Art des politischen Gebahrens des Präsidenten (oder
Governors) erhoben werden kann, so haben die amerikanischen
1) Der Präsident kann dem Kongreß durch Botschaft die Be-
schließung von Maßregeln empfehlen (Const. Art. Il sect.3 $1), allein
der Kongreß kann nur auf Antrag eines seiner Mitglieder in Verhandlung
eines Gegenstandes eintreten.
2) Vgl. die Verfassungsgeschichte dieser Epoche beiLefebvre p.1ff.