Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 39
und die gegenseitigen Konzessionen sind entweder das Resultat
von Kriegen, kriegerischen Drohungen oder kriegerischer Bündes-
genossenschaft. Bis gegen Ende des 18. Jahrhunderts sind die
Staatenverträge, die sich auf Gegenstände der Verwaltung und
Rechtspflege beziehen, fast ausschließlich Bestandteile von Frie-
densverträgen oder doch im Gefolge von solchen entstanden. Von
da angefangen aber beginnt ein großartiger Prozeß fortschreitender
gegenseitiger Indienststellung der eigenen staatlichen Tätigkeit.
auf Grund der wachsenden Entwicklung und Erkenntnis der
zwischenstaatlichen Solidarinteressen. Er ruft zwei Formen recht-
licher Gebilde hervor. Die erste umfaßt die zahlreichen Einzel-
verträge, durch welche Staaten gegenseitig Leistung um Lei-
stung tauschen. Die andere begreift die Vereinbarungen unter
sich!), die eine dauernde Gemeinsamkeit bestimmter staatlicher
Interessen zur rechtlichen Voraussetzung haben und zu ihrer gedeih-
lichen Befriedigung Verwaltungsbündnisse oder Verwaltungs-
vereine (Unionen) schaffen, die sogar schon zu Ansätzen einer
internationalen Organisation geführt haben?). Schon ein Teil deı
Einzelverträge über Verwaltung und Rechtspflege, namentlich aber
die Verwaltungsvereine rufen dauernde zwischenstaatliche Ver-
hältnisse hervor, bei denen nur die Art und die näheren Umstände
der so entstandenen Beziehungen, nicht mehr aber ihr Dasein
künftig in Frage stehen. Solche Verträge und Vereinbarungen
können gekündigt und revidiert werden, ımmer tritt dann aber
ein neues Übereinkommen an ihre Stelle. Auslieferungs- und
Konsularverträge, Weltpostverein, internationaler Telegraphen-,
Meter-, Eisenbahnfrachtverein usw. sind bleibende Institutionen
der also verbundenen Staaten, die zwar durch Besseres ersetzt,
niemals aber ihrem Inhalte nach gänzlich vernichtet werden
können. Zu ihnen haben sich in jüngster Zeit die Haager Ab-
kommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle ge-
sellt, indem die Errichtung des ständigen Schiedshofes den ersten
Schritt zur Organisation einer internationalen Rechtspflege be-
1) Vgl. System der subj. öff. Rechte S.204ff.; Triepel Völkerrecht
und Landesrecht S.68; Fleiner Institutionen des deutschen Ver-
waltungsrechts 2. Aufl. 1912 S.79£.
2)‘ Vgl. G. Jellinek Lehre von den Staatenverbindungen S. 158 ff.;
Descamps Les offices internationaux et leur avenir, Bruxelles 1894;
v. Liszt Völkerrecht 817; O. Mayer II S. 459ff.; Rehm Staats-
tehre S. 97£.
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