Full text: Allgemeine Staatslehre

Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 153 
Für die Zukunft zwar lassen die Schwierigkeiten, die sich jetzt 
und später einer rein dynastischen Politik entgegenstellen, die Ge- 
fahren der Personalunion immer mehr herabsinken, doch können 
sie immerhin noch für einen kleinen Staat im Verhältnis zu 
einem großen bestehen. Bedenklich wäre es aber auch für das 
Deutsche Reich, wenn ein Bundesfürst zugleich Herrscher eines 
größeren auswärtigen Staates wäre. Einzelne Verfassungen haben 
dagegen Vorsorge getroffen; de lege ferenda wäre die Bestimmung 
der Frankfurter Reichsverfassung zu empfehlen, derzufolge kein 
Staatsoberhaupt eines nichtdeutschen Landes zugleich zur Re- 
gierung eines deutschen Landes gelangen soll, noch ein in Deutsch- 
land regierender Fürst, ohne seine deutsche Regierung abzutreten, 
eine fremde Krone annehmen darf!). 
Politisch bedeutsam ist es auch, daß zwischen persönlich 
unierten Staaten der Krieg ausgeschlossen ist, da es unsinnig 
wäre, wenn ein Monarch gegen sich selbst, wenn auch in anderer 
Eigenschaft, zu Felde zöge. Selbst wenn der Monarch in dem 
einen, einem Staatenbunde angehörenden Staate durch Bundes- 
recht verpflichtet wäre, an einem Kriege gegen den anderen teil- 
zunehmen, würde er es dennoch unterlassen. In solchem Fall 
würde er entweder den im Bunde begriffenen Staat preisgeben 
oder dieser gegen den Willen seines Herrschers durch die Bundes- 
gewalt gezwungen werden, an dem Kriege teilzunehmen?). Im 
Bundesstaate, wo die Gliedstaaten kein Recht selbständiger Kriegs- 
führung haben, kann auch ein solcher Konflikt nicht eintreten. 
Die Frage nach der Möglichkeit des Krieges zwischen persönlich 
unierten Staaten berührt deutlich einen jener Punkte, wo 
  
Sachsen, Verf. $5; von außerdeutschen Staaten Belgien Art. 62; Däne- 
mark Art. 4; Rumänien Art. 91. Ganz ausgeschlossen ist sie in Griechen- 
land, Art.48. 
84, 
®2) Brie in Grünhuts Zeitschrift XI S. 105 konstruiert einen solchen 
außerhalb des Bereichs politischer Möglichkeit liegenden Fall. Ebenso 
v.Holtzendorff im Handbuch des Völkerrechts Il S.126 N.5, der 
noch eine andere Möglichkeit anführt, wenn nämlich ın dem einen Staate 
eine Regentschaft besteht, die dem Monarchen den Krieg erklärt, S. 125. 
Wenn schon das Beispiel eines politisch widersinnigen Ereignisses an- 
geführt werden soll, so wäre dies Preußens Verhalten im Jahre 1806, 
das mit Hannover im Krieg lag und trotzdem von England Subsidien 
erbat: M.Lehmann Freiherr vom Stein I 1902 S. 424. Mit mir überein- 
stimmend Ullmann, Völkerrecht S. 93. 
G. Jellinek, Allg. Staatslehre. 3. Aufl. 48
	        
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