Full text: Allgemeine Staatslehre

Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 759 
Realunion nachgefolgt!). Beide Formen lehren, gegeneinander ge- 
halten, die mannigfaltige positive Ausgestaltung, deren die Real- 
union fähig ist, indem Schweden-Norwegen nur der König für 
alle Zeiten, Österreich-Ungarn hingegen die habsburgische 
Dynastie, solange thronfolgefähige Nachkommen Leopolds I. vor- 
handen sind, und außerdem ein umfangreiches und bedeutungs- 
volles Gebiet staatlicher Tätigkeit (Verwaltung der auswärtigen 
Angelegenheiten, des gemeinsamen Kriegs- und Finanzwesens) ge- 
meinsam sind. Daß die sonst noch von vielen der Realüunion 
eingeordneten Bildungen Polen-Rußland, Finnland - Rußland, 
Kroatien-Ungarn und Sachsen-Coburg und Gotha keine Staaten- 
verbindungen sind, habe ich an anderer Stelle nachgewiesen ?). 
Für die Realunion gilt selbstverständlich die Unmöglichkeit 
des Krieges zwischen- den also unierten Staaten, aber auch 
zwischen ihnen ist völkerrechtlicher Zwang anderer Art nicht 
ausgeschlossen, wie denn auch im Fall des Interessenkonflikts 
das Völkerrecht kein Schutzmittel gegen völlige Unterwerfung 
des einen Staats unter den anderen gewährt, was namentlich in 
dem Verhältnis der Union eines schwachen Staates mit einem 
starken von Bedeutung ist?). 
  
1) Auch bei dieser Union suchten bis zu ihrem Ende politische 
Wünsche die Tatsachen umzudeuten. So erklärt vom schwedischen 
Standpunkt Reuterskiöld im Archir £. öff. Recht XIV S. 378 Schweden- 
Norwegen für einen Staatenstaat oder zusammengesetzten Staat. Die 
Union war aber (S. 380) staatsrechtlich nicht organisiert, sondern nur 
im Könige sozusagen personifiziert, m. a.W., sie war kein Staat und 
damit auch kein Staatenstaat. Andere schwedische Schriftsteller gingen 
noch weiter und bestritten den staatlichen Charakter Norwegens, weil 
es de iure von Dänemark an Schweden abgetreten und niemals völker- 
rechtlich anerkannt worden sei. Sie übersahen, daß die Existenz eines 
Staates ein Faktum ist, das durch juristische Deduktion nicht aus der 
Welt geschafft werden kann. Wie wertlos derartige Spekulationen sind, 
haben die neuesten Ereignisse gezeigt. Der angebliche schwedisch- 
norwegische Staat ist durch den Bruch der Union von seiten Norwegens 
über Nacht verschwunden, ohne daß er die geringsten Spuren hinter- 
lassen hätte. — Eine urkundliche Darstellung der schwedisch-norwegischen 
Verhältnisse bei Fleischmann Das Staatsgrundgesetz des König- 
reichs Norwegen 1912. Vgl. auch Morgenstierne Das Staatsrecht des 
Königreichs Norwegen 1911 S.Lff. und Aall u. Gjelsvik Die nor- 
wegisch-schwedische Union 1912. 
?) Staatenverbindungen S. 70ff.; Staatsfragmente S. 34ff.; oben 
S. 655 ff. 
*) Wie erwähnt, meinen die Verteidiger des Staatscharakters von
	        
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