Full text: Allgemeine Staatslehre

760 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Eine neue Begründung solcher Unionen ist aber für die Zu- 
kunft sehr unwahrscheinlich!). Die Schwierigkeiten, national ge- 
schiedene Staaten in irgendeiner Form dauernd zu vereinigen, 
die bundesfeindlichen Tendenzen, welche kraft der Souveränctät 
der verbündeten Staaten der Existenz eines jeden Staatenbundes 
entgegenwirken, stehen gedeihlicher Entwicklung der Realunionen 
hindernd im Wege, wie die Geschichte des gegenseitigen Ver- 
hältnisses der in Realunion begriffenen Staaten der neuesten Zeit 
deutlich beweist. Während ım Bundesstaate eine der Zentral- 
gewalt feindliche Partei auf die Dauer nicht geduldet werden 
kann, gehört das Bestehen unionsfeindlicher Parteien mit zum 
Inventar der heutigen Realunionen. Überdies besteht ein ver- 
hängnisvoller organisatorischer Mangel der neueren Realunionen 
in dem Fehlen eines Schiedsgerichtes, das die kollidierenden An- 
sprüche der Gliedstaaten ausgleicht oder über sie entscheidet, so 
daß das Resultat derartiger Streitigkeiten ganz von den realen 
Machtfaktoren abhängt und daher rechtlich nicht bestimmbar ist. 
Das Ende der schwedisch-norwegischen Union ist für alle Zukunft 
eine eindringliche politische Warnung vor der Neubildung einer 
derartigen Staatenverbindung. 
Was speziell die deutschen Staaten anbelangt, so ist für sie 
der Eintritt in eine Realunion für die Zukunft ausgeschlossen. 
Sinnlos wäre eine Realunion zweier Gliedstaaten eines Bundes- 
staates, weil jedes vernünftige Motiv hierzu mangelte. Zwei 
deutsche Gliedstaaten können in Personalunion gelangen, sie 
können sich zu einem Einheitsstaate mit verfassungsmäßigen 
Sonderinstitutionen der Glieder vereinigen, aber eine Realunion, 
die beide Staaten in dieser ihrer Qualität bestehen läßt, hätte 
  
Finnland (und Kroatien) dadurch diese Länder vor Eingriffen des mit 
ihnen verbundenen großen Staatswesens sichergestellt zu haben. Allein 
selbst die Unmöglichkeit des Krieges würde kleinere unierte Staaten 
noch schlechter stellen als die nichtunierten, weil völkerrechtliche 
Mediation und Schiedsspruch schon deshalb bei ihnen ausgeschlossen 
sind, weil sie völkerrechtlich gar nicht anerkannt sind, und überdies 
die Bestimmungen der Haager Akte sich nur auf den Krieg beziehen. 
Hingegen gewährt eine staatsrechtliche Einordnung solcher Länder in 
einen Gesamtstaat die Möglichkeit rechtlichen Beweises, daß es un- 
zulässig ist, die ihnen gewährte Verfassung anders als in der gesetz- 
lichen Form zu ändern. Aus demselben Grunde haben auch die Staaten 
eines Bundesstaates gegen ein mächtiges Bundesglied rechtlich eine 
ganz andere Stellung als die Mitglieder eines Staatenbundes. 
1!) Wegen Islands vgl. oben S.635 N. 2.
	        
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