Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 173
dem Staat notwendige Tätigkeit; ein Verband ist daher Staat‘
nur insoweit, als er herrschen kann; der Gliedstaat hat daher
auch nur, insofern er der Bundesstaatsgewalt nicht unterworfen:
ist, Staatscharakter, verliert ihn aber, wie von allen Seiten, die
den Bundesstaatsbegriff anerkennen, zugegeben wird, soweit er
der Bundesstaatsgewalt unterworfen ist.
Soweit die Herrschaft des Bundesstaates reicht, ist der Glied-
staat nur insofern vorhanden, als er Ansprüche auf Leistungen
des Bundesstaates und auf Teilnahme an dessen Herrschaft hat.
An der Herrschaft selbst aber nimmt er wie jedes Staatsglied
nicht als einzelner, sondern als Organ des Gesamtstaates teil.
Die Glieder des Bundesstaates sind als solche, soweit sie an der
Herrschaft des Bundes teilnehmen, nicht Staaten, sondern Or-
gane des Bundesstaates und, soweit sie unterworfen sind und
überhaupt noch einen selbständigen Willen äußern können, nicht-
staatliche Verbände, und nur die physische Identität dieses Ver-
bandes mit dem Gliedstaate führt zu der ungenauen Vorstellung,
daß der Gliedstaat als solcher dem Bundesstaate unterworfen sel.
Daher hat der Gliedstaat nur nach zwei Richtungen hin staat-'
lichen Charakter: als Gemeinwesen, das von der Bundesstaats-
gewalt frei ist und als Träger von öÖffentlich-rechtlichen An-
sprüchen an den Bundesstaat gemäß dessen Verfassung.
Der Bundesstaat ıst daher so wenig eine Staatenkörper-
schaft, als der Einheitsstaat als ein aus sämtlichen Kommunen
des Staates bestehender Verband aufgefaßt werden darf. Er
gleicht vielmehr, soweit seine Sphäre reicht, vollkommen dem
Einheitsstaate. Er herrscht, wie dieser, direkt über sein Gebiet
und sein Volk, ohne daß diese Herrschaft irgendwie durch Glied-
staaten in ihrer staatlichen Eigenschaft vermittelt wäre. Vom
Einheitsstaate unterscheidet er sich dadurch, daß die in ihm
zu völliger staatlicher Einheit zusammengefaßten Glieder in den
der Bundeskompetenz nicht unterliegenden Angelegenheiten ‚und
vor allem in ihrer Organisation ihren staatlichen Charakter be-
wahrt haben, ferner dadurch, daß die obersten Organe dieser
Staaten (Monarchen, Senate der freien Städte, Volk oder Legis-
laturen in den Republiken) entweder selbst Organe der höchsten
Bundesgewalt sind oder diese erzeugen. Diese Verbindung von
Organträgerschaft des Glied- mit der des Bundesstaates ist ein
eigentümliches, sonst nirgends anzutreffendes Verhältnis, indem
sonst die Organe eines Staates in dieser Eigenschaft nur ihm,: