Full text: Allgemeine Staatslehre

FEinundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. 7 
sing, sich 1848 in einen Bundesstaat zu verwandeln, da er- 
klärten mehrere Mächte), daß sie eine veränderte Bundesakte 
nur dann anerkennen würden, wenn sie die Zustimmung sämt- 
licher Kantone erhielte. Als sodann die Verfassung ins Leben 
trat, nachdem sie erstvon 1543 Kantonen angenommen war und die 
dissidierenden 61/, Kantone trotz der Ablehnung der Verfassung 
sich deni Bunde tatsächlich fügten?), wurde der Bundesrat der 
Eidgenossenschaft und damit das neue Staatswesen selbst ohne 
weiteres von allen Mächten anerkannt. Nicht minder wurde aber 
der ohne Verletzung der Rechte seiner Glieder zustande .ge- 
kommene Norddeutsche Bund sofort, anerkannt, nachdem Öster- 
reich im Prager Frieden die Auflösung des Deutschen Bundes 
gebilligt hatte. Ebenso mußte das Deutsche Reich sofort von 
allen Mächten anerkannt werden, was stillschweigend durch den 
diplomatischen Verkehr geschah. 
Der Vorgang der Gründung des Bundesstaates selbst kann 
jedoch durch Vereinbarungen der Einzelstaaten über eine zu 
schaffende Verfassung, Beschließung der Verfassung von seiten 
eines verfassungsgebenden Parlamentes und der Regierungen, 
(Genehmigung der also festgestellten Verfassungen durch die Kam- 
mern der Einzelstaaten und Verkündigung der Verfassung durch 
die Einzelregierungen als Landesgesetze nicht erklärt werden. 
Es ist und bleibt zwischen all diesen Vorgängen und der Ent- 
stehung des Bundesstaates selbst eine juristische Lücke, eine 
Kluft vorhanden, die durch keinerlei Deduktionen ausgefüllt 
werden kann. Juristisch ist vielmehr jede Ableitung des Grün- 
dungsaktes eines Bundesstaates aus einem Rechtsvorgange ent- 
weder unfruchtbare Scholastik, oder sie führt, konsequent zu 
Ende gedacht, zur Verneinung des Staatscharakters des 
Bundes. Denn jede wie immer geartete Zurückführung 
des neugebildeten Verbandes auf den Willen der Konstituen- 
ten macht ihn dauernd zu ihrem Geschöpf, da die höhere 
Rechtsordnung über den Staaten fehlt, die das Gebilde jenes 
Vertrages, jener Vereinbarung, jenes Gesamtaktes, oder wie 
man sonst den Gründungsakt nennen mag, von ihrer Grund- 
lage loszulösen imstande wäre3), So wäre denn auch nicht ab- 
  
1) Österreich, Preußen und Frankreich mit Note vom 18. Januar 1848. 
2) Vgl. aus der neuesten Literatur Fleiner a.a.O. S. 21ff.,391. 
3) Das-übersieht G.Meyer, S.179, in seiner Polemik gegen mich. 
Wohl erkenne ich die Möglichkeit an, daß Staaten durch Vereinbarung
	        
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