Einundzwanzigstes Kapitel. Die Staatenverbindungen. «Sl
kommende Stellung nicht in ihrer Eigenschaft als Sonderstaaten,
sondern als Organe der Bundesstaatsgewalt ausüben. So ist es
ein Recht der amerikanischen Staaten, den Senat zu bestellen;
der Senat selbst hingegen übt nicht Staaten-, sondern Unions-
rechte aus.
Durch diese dauernden Beziehungen erhalten die Gliedstaaten
selbst im Verhältnisse zum Bundesstaate verschiedene Qualitäten,
sie befinden sich in steten rechtlich relevanten Zuständen. Auch
darin unterscheiden sie sich vom souveränen Staat, dem nur der.
eine Zustand des Daseins als Staat zu eigen ist!).
Der Bundesgewalt gebührt allemal Recht und Pflicht, den
Bundesstaat nach außen zu vertreten, sowie das ausschließliche
Recht über Krieg und Frieden. Ob und. in welchem Umfange
die Gliedstaaten noch völkerrechtliche Persönlichkeit behalten
und daher mit auswärtigen Mächten oder untereinander und mit
dem Bundesstaate selbst in völkerrechtlichen Formen verkehren
können, hängt von den näheren Bestimmungen der Bundes-
verfassungen ab. Ferner hat der Bundesstaat sein eigenes Heer,
unbeschadet etwaiger untergeordneter, den Gliedstaaten bezüglich
des Heerwesens verbliebener Rechte. Er hat seine eigenen, vom
Willen der Gliedstaaten unabhängigen Einnahmen, seine selb-
ständige Finanzwirtschaft. Werden seine Einnahmen durch Bei-
träge der Gliedstaaten ergänzt, so widerspricht das zwar dem
Typus der bundesstaatlichen Finanzwirtschaft, unterscheidet sich
aber trotz äußerer Ähnlichkeit von staatenbündischen Ver-
hältnissen dadurch, daß diese Leistungen nicht auf Grund einer
Vereinbarung, sondern einer Gehorsamspflicht gezollt werden.
Der Bundesstaat hat endlich sein eigenes Behördensystem, das
von denen der Gliedstaaten durchaus getrennt ist, mittelst dessen
1) Die richtige Konsequenz der Vertragslehre, die aber auch für
die Theorie vom Gesamtakt gilt, hat Seydel gezogen, wenn er das
Reich für rechtlich auflösbar hält. Vgl. Kommentar zur Reichsverfassung
S.33f. Für eine solche Auflösung verlangt er jedoch Einstimmigkeit
aller Bundesglieder und die Einhaltung derselben Formen, wie für die
Verfassungsänderung, und weist die Lehre von der Sezession einzelner
Bundesglieder ab, was praktisch allerdings auf die Unlösbarkeit des
Reiches hinausläuft.e Der Lehre Calhouns von der Sezession aber
steht die größere Folgerichtigkeit und die Übereinstimmung mit der
Theorie des Völkerrechts zur Seite, dem „ewige‘‘ Staatenverträge fremd
sind, und das niemals einem Staate die Pflicht auferlegt, seine höchsten
Interessen der Vertragstreue zu opfern.