Full text: Allgemeine Staatslehre

50 Erstes Buch. Einleitende Untersuchungen. 
beabsichtigten günstigen auch unbeabsichtigte schädliche Folgen 
für das Ganze der Volkswirtschaft. 
Diese unbeabsichtigten und unberechenbaren Wirkungen 
sozialer Institutionen verstärken den Eindruck, daß ihre Schöpfung, 
namentlich wenn uns die genaue Kenntnis des Beabsichtigten 
und Unbeabsichtigten mangelt, dem menschlichen Willen über- 
haupt entrückt und daher ein natürlicher, organischer Vorgang 
sei. Allein solches „Natürliche und Organische“ haftet jeder, 
auch der unbedeutendsten und verkehrtesten menschlichen 
Handlung an. Alles Wollen ruft niemals völlig zu berechnende 
Veränderungen in der Außenwelt hervor und ist deshalb zu- 
gleich vernünftige und unvernünftige Naturkraft. Die Verehrung 
frommer Pilger weiht dem Heiligen demutsvollen Kuß, dem: 
Meisterwerke Michel Angelos in einer der römischen Kirchen 
hat dieser Kuß im Laufe der Jahrhunderte eine Zehe geraubt. 
An anderer Stelle ist zu erörtern, welche Bedeutung über- 
dies die Gewöhnung entwickelt, die soziale und staatliche Ein- 
richtungen als dem Willen entrückte. Bildungen erscheinen läßt. 
Je länger eine Institution dauert, desto schwieriger wird es in 
der Mehrzahl der Fälle, sie zu verändern. Trotzdem erfordert 
sie stets bewußte Willensakte, um zu existieren. Sie ist ja im 
Grunde nichts anderes als eine Summe planmäßig zusammen- 
gestimmter menschlicher Willensaktionen. 
6. Die juristische Methode in der Staatslehre.!) 
Sie gilt für die Feststellung der Sätze der Staatsrechtslehre 
und für die Entwicklung des Inhaltes dieser Rechtssätze. Die 
Staatsrechtslehre ist, wie bereits erwähnt, eine Normwissenschaft. 
Ihre Normen sind von den Aussagen über das Sein des Staates 
als sozialer Erscheinung scharf zu trennen. Ein großer Teil der 
methodischen Streitigkeiten im Staatsrecht rührt aus der Unklar- 
heit über die Doppelnatur des Staates und dem daraus stam- 
menden Gegensatz der sich mit dem Staate beschäftigenden 
Wissenschaften her. 
Mit dieser Erkenntnis sind alle Übertragungen von fremden 
Forschungsmethoden auf das juristische Gebiet der Staatslehre 
zurück- und dem sozialen Gebiete zugewiesen. Diesem letzteren 
  
1) Vgl. meine eingehenden Ausführungen im System der subj. öff. 
Rechte S.13ff.
	        
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