Full text: Allgemeine Staatslehre

192 Drittes Buch. Allgemeine Staatsrechtslehre. 
Die rechtlichen Institutionen, durch welche jene Garantien 
herbeigeführt werden, zerfallen in vier Klassen: Kontrollen, 
individuelle Verantwortlichkeit, Rechtsprechung, Rechtsmittel. 
1. Die Kontrollen, d.h. die Prüfung der für den Staat 
erheblichen Handlungen seiner Organe und Glieder an dem Maß- 
stab bestimmter Normen, können entweder politische oder recht- 
liche Kontrollen sein. An dieser Stelle seien nur die rechtlichen 
Kontrollen untersucht, welche die Prüfung der erwähnten Hand- 
lungen gemäß Rechtsnormen bezwecken. 
Solche Kontrollen kennt der moderne Staat in großer Aus- 
dehnung. Sie zerfallen in die administrativen Kontrollen, 
die von der höheren Behörde gegenüber der niederen, in höchster 
Instanz von dem Staatsoberhaupt geübt werden. Zu ihnen zählt 
auch die Kontrolle, die dem Staat über die Selbstverwaltung 
übenden Verbände zusteht. Ferner in die finanziellen Kon- 
trollen, die, von den administrativen häufig getrennt, besonderen 
Kontrollbehörden zugewiesen sind, wie sie denn auch zum Teil 
zur nächsten Kategorie zählen. Das sind die parlamentari- 
schen Kontrollen, deren Macht und Ausbildung in den einzelnen 
Staaten verschiedenartig gestaltet ist!). Sie werden geübt durch 
‚parlamentarische Kritik, ferner durch die parlamentarisch zu- 
lässigen Mittel der Interpellation, der Resolution, der parlamen- 
tarischen Untersuchung, der Adresse an die Krone, deren faktische 
und rechtliche Wirksamkeit von der konkreten Machtstellung der 
Parlamente abhängig ist. Sie können ebensowohl zu politischen 
Zwecken als zu denen der rechtlichen Kontrolle dienen. Das in par- 
lamentarisch regierten Staaten so bedeutungsvolle Mittel der Miß- 
trauensvoten wird in der Regel nur aus rein politischen Gründen 
angewendet. Dasselbe ist der Fall mit den Befugnissen der 
Regierungen gegenüber den Parlamenten, namentlich dem Recht 
der Auflösung der Wahlkammern. 
2. Individuelle Verantwortlichkeit schuldet dem 
Staate jeder Träger staatlicher Organstellung, der nicht durch 
ausdrücklichen Rechtssatz von ihr befreit ist. Das ist aber in 
vollem Umfange nur der Monarch, der auch als Individuum 
  
1) Vgl. hierüber H. L. Rosegger Das parlamentarische Ihnter- 
pellationsrecht 1907; derselbe Petitionen, Bitten und Beschwerden 
1908; Hatschek Das Interpellationsrecht 1909; L.Bekermann Die 
wichligsten Mittel der parlamentarischen Kontrolle im Deutschen Reich, 
England und Frankreich (Heidelb, Diss.) 1910.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.