Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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mittelbar an sich ziehen. Die Mutter eines mit Hühneraugen behafteten 
Kindes umgeht während eines Begräbnisläutens dreimal ein Gerstenfeld 
(El.). Ein über der Stubentür aufgehängtes Bündel Knoblauch, eine dar- 
über befestigte weiße Zwiebel oder Wachholderzweige halten Fieber fern (v.). 
Eine weitere Form des Verbannens ist das Vergraben oder 
Verstecken des Zwischenträgers in die Erde, in einen Sarg, unter 
den Dachtrauf u. a. O. Wer seine Warzen oder sonst eine Krankheit 
los werden will, soll sie dreimal mit einem gestohlenen Stück Speckes 
bestreichen und dieses einer Leiche mitgeben (v.). Bietet sich hierzu keine 
Gelegenheit, so vergräbt man den Speck während eines Trauerlautens 
und spricht dabei: „Sie lauten zur Leich' und meiner Warz' zugleich“ 
(A. vgl. W. 234). Oder: „Man lautet zur Leiche, — Was ich geiff, 
weiche. Was ich streiche, nehme ab, — Wie der Tote im Grab“ (Gey.). 
Man schneidet eine Kartoffel auseinander, berührt mit beiden Hälften 
die Warze, legt die Hälften wieder zusammen und wirft sie während 
eines Trauerlautens in die Düngergrube oder vergräbt sie unter dem 
Dachtrauf (A. 492'“). Oder man knüpft in einem Strohhalm so viele 
Knötchen, als man Warzen hat, drückt diese damit während eines Be- 
gräbnisses dreimal in den drei höchsten Namen und wirft zuletzt den 
Halm in die Düngergrube oder vergräbt ihn unter der Dachtraufe (Wo.). 
Einem bruchkranken Kinde legt man einen Splitter von einer Weide, 
in die der Blitz geschlagen hat, dreimal drei Tage lang auf und ver- 
gräbt ihn dann an einem abgelegenen Orte, wo niemand hinkommen 
kann (A.). Ein gleiches Verfahren übt man bei englischer Krankheit, 
nur daß der Zwischenträger ein Hemd ist, das dem Kinde dreimal drei 
Tage lang angezogen wird. Flechten werden mit einem Tuche bedeckt, 
das dann in ein Grab geworfen wird (Schl., Gey.). Bei Zahnschmerzen 
sticht man mit einem Nagel den schmerzenden Zahn blutig und gibt 
ihn einer Leiche mit (Ehr.). Hierher gehört auch der Brauch, daß man 
einen Schaden mit Seife, womit eine Leiche gewaschen worden ist, 
bestreicht und zwar in der Richtung, die ein am Hause vorüberziehender 
Leichenzug einschlägt. Man spricht dabei: „Nimm's auch mit!“ (Nd.). 
Der Glaube, daß irgend ein Gegenstand eines Kranken, der einer Leiche 
mitgegeben wird, diese zum Träger des Leidens werden läßt, ist weithin 
verbreitet. Einfacher sind folgende Verfahren. Bei Seitenstechen spuckt 
man dreimal unter einen Stein (Ehr., Pf., Schl., A. 495“), bei Zahn- 
reißen dreimal in den Abort (A.). 
Dem Vergraben ähnlich ist das Wegschwemmen der Krankheiten, 
indem man den Zwischenträger in fließendes Wasser wirft; das Ver- 
graben unter dem Dachtrauf deutet schon dahin. Die Wirkung eines 
abgezogenen Pflasters ist gewiß, wenn es in fließendes Wasser geworfen 
oder verbrannt wird (v.). 
Bei Bruchschäden wird vielfach ein Abstreifen der Krankheit 
vorgenommen, das sich mit dem Ubertragen auf Bäume berührt. 
Oft wird die Krankheit dadurch gehoben, daß man den Gegen- 
stand, der mit ihr in Berührung gebracht worden ist, vertrocknen, 
verfaulen läßt oder verbrennt. Plaster und Lappen, womit
	        
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