Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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die Pferde und Kühe die Trauerkunde, die man in den Stall hineinruft 
oder jedem einzelnen Tiere ins Ohr sagt unter Darreichung einiger 
Schnitte Butterbrot oder einer Hand voll Heu (M., Cr.). Anderwärts 
entzieht man dabei den Tieren das Futter (Nd.). Stehen die Tiere 
bei der Benachrichtigung, so geht es ihnen fernerhin gut, liegen sie, so 
wartet ihrer Not (M., Cr.). Bange Sorgen beschleichen den neuen 
Besitzer, wenn die Tiere unruhig sind und schreien. Dem treuen Haus- 
hund sagt man den Tod des Hausherrn dreimal laut ins Ohr. Geschieht 
es nicht, so soll er so lange winseln, bis er stirbt (A.). Das Todansagen 
wiederholt sich am Begräbnistage, sobald der Sarg das Haus verlassen 
hat. Dann ruft man in den Stall: „Es ist auch der Hausvater fort!“ 
(N.). Dadurch aber, daß die Hinterbliebenen den Tod des bisherigen 
Besitzers melden müssen, — sogar das Röhrwasser wird davon benach- 
richtigt (Gd.), — werden sie gleich von vornherein darauf hingewiesen, 
ihre Aufmerksamkeit mit besonderer Sorgfalt auch den Haustieren zu- 
zuwenden. Der wahre Grund dieser Sitte aber liegt noch tiefer. „Es 
ist zuletzt die tiefe Sympathie, das Mitleiden der Menschenwelt mit der 
Kreatur, aus welcher solche zarte Rücksichtnahme sich für unser Vieh 
ergibt". Das Wort: „Der Gerechte erbarmet sich seines Viehs“ hat 
im Volksglauben eine hervorragende Bedeutung und manche schöne 
sittengemäße Anwendung gefunden. 
Die Vorbereitungen zum Leichenbegängnisse. Bei 
größeren Begräbnissen wurde durch den Leichenbitter zur Teilnahme 
an der Beerdigung eingeladen. In A. trug dieser ein kleines rundes 
Hütchen, schwarzen Rock mit über den Rücken herabfallendem Flor. 
Ist ein Posamentier gestorben, so geht der Zeremonienmeister in B. 
Träger bitten, wozu die Meister der Innung nach einer bestimmten 
Reihe verpflichtet sind und nur Krankheit und ein bestimmtes Alter 
entbinden. In ersterem Falle aber müssen für die Stellung eines 
anderen Trägers 80 Pfennige bezahlt werden. 
1) Nach dem alten Innungsgesetz der Posamentierer (mitgeteilt in Siegel „Zur 
Geschichte des Posamentiergewerbes mit besonderer Rücksichtnahme auf die erzge- 
birgische Posamentenindustrie"“, Annaberg, Graser's Verlag) wurde bei drei Groschen 
Strafe jeder Geselle verpflichtet, pünktlich vor dem Trauerhause beim Begräbnisse 
eines Berufsgenossen zu erscheinen. Unter den Bestimmungen für die Meister heißt 
es, daß sterbende Meister oder deren Angehörige beim Begräbnisse zu begleiten und 
zu tragen sind, „damit auch diesfalls der verstorbenen Person ihr letzter Ehrendienst 
geleistet und christliche Zucht“ erhalten werde. 
Ahnliche Bestimmungen enthalten die Innungsartikel des Annaberger Zimmer- 
handwerkes, die im Jahre 1629 vom Rate der Stadt genehmigt wurden. „Wenn 
jemand unter den Zunftgenossen oder von den Seinen nach Gottes Willen mit 
dem Tode abgehen würde, sollen alle und jeder Innungs-Verwandter durch einen 
Zettel vom jüngsten Meister zu Grabe zeitlich erfordert, und darauf ein jeder in 
eigner Person erscheinen, oder je einen andern schicken und den Abgelebten zu 
Grabe begleiten, bei Strafe drei Groschen der Laden gehörig. Es sollen auch 
jederzeit die Abgestorbenen von den Zunftgenossen der Reihe und Ordnung nach zu 
Grabe getragen und dazu des Handwerks Leichentuch aufgedecket und gebrauchet 
werden. Doch wofern auffällige Seuchen sich ereignen würden, soll man die Leiche 
vor die Tür schaffen und falls sich einer zu tragen scheuen würde, ihm einen anderen, 
mit dem man zufrieden sein könnte, an seine Stelle zu schicken, nachgelassen sein.
	        
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