Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Die Benachrichtigung der Leichenfrau darf durch keine zum Haus- 
stand gehörige Person erfolgen (A., H., Dö., Bä.). 
Das Leichengewand ist gewöhnlich das Hochzeitskleid. Beim Nähen 
des Totenkleides ist zu beachten, daß dabei keine Knoten gemacht 
werden, sonst kommt der Tote wieder und läßt die Näherin den 
Knoten lösen (A. 731). Der Faden darf nicht mit den Zähnen 
abgebissen werden und soll die Nadel mit dem letzten Stich stecken 
bleiben, da mit ihr „nur Unheil ernäht wird“ (A. 781*). Auch soll das 
Totenhemd nicht Sonntags genäht werden (A, M., Wo. 731), sonst 
hat der Tote keine Ruhe. Alle Schmucksachen müssen offen, alle Bänder 
gelöst, aber angesteckt sein, weil der Tote kein Band lösen kann und an 
den Enden kaut, wenn sie lose sind (v. 732). Der barfuß Begrabene 
kommt arm im Himmel an, auch „wird ihm der Gang zum jüngsten 
Gericht sauer“ (A. 7317). Werden kleine Kinder nicht im Sterbebettchen 
in den Sarg gelegt, so kommen sie wieder (Gr.). Mit dem Gesicht 
nach der Stubentür gewendet, wird die Leiche in den Sarg gelegt, 
damit der Seele die Wiederkehr unmöglich gemacht werde (v. 7297). 
Fremde Leute dürfen die Leiche vor dem dritten Tage weder sehen noch 
anrühren (A.) Solange eine Leiche im Hause ist, darf nichts verliehen 
oder verschenkt werden (He. 730), legt man ihr zu Häupten eine Schere 
und einen Kamm, damit die Seele Ruhe finde (Ch. 7297). Wer essend 
einen Toten anschaut, dem fallen die Zähne aus (O.) Fällt der aufge- 
stellte Sargdeckel um, so kehrt der Tod bald wieder ein (A.). Die 
Aufbahrung der Leiche geschieht gewöhnlich nur im Hausflur; ist 
dieser zu eng, auch im Freien vor der Tür des Hauses (Mau., N.). 
In die gefalteten Hände bekommt die Leiche ein Gesangbuch (v.), früher 
mit dem aufgeschlagenen Lieblingslied (Ehr.), Frauen und Kinder mit 
Vorliebe einen Strauß (A., IJ., Ehr., Kl.). Zu Häupten des Toten 
brennen so viele auf eine kleine Treppe gestellte Lichter, als er Jahre 
zählt (Br., Th., Kl., Bä.). Die Lichter müssen niederbrennen (Th.), 
anderwärts nicht. (Vgl. M. 271.) Lichtreste werden sorgsam aufbewahrt. 
Während der Aufbahrung schmücken die Wände des Hausflurs Kränze 
und Trauerbilder. Diese werden nach dem Begräbnis in der Wohnstube 
aufgehängt (Br., Mau., M.). Als Zeichen der Liebe und Hoffnung 
umzieht man die Bahre des Toten mit Blumen und Kränzen. 
Würde aber einer mutwillig sich dessen entschlagen, weder tragen, helfen, noch einen 
anderen schicken, der soll ohne alles Mittel aus der Innung geschlossen, ihm zu 
arbeiten hinfüro gänzlich vorboten und darüber von E. E. Rate gestraft werden. — 
Ferner bestimmt einer der Zusatzartikel vom Jahre 1636: „Wann jemand aus den 
Zunftgenossen bei der Stadt mit Tod abgangen oder abgehen würde, und es werden 
fremde Meister und Gesellen in der Stadt arbeiten, so sollen dieselben gleich wie 
die hiesigen Meister und Gesellen mit zu Grabe gehen und mit tragen zu helfen 
schuldig sein. Alles bei Poen und Strafe wie oben. Ingleichen da ein fremder 
Meister und Geselle bei der Stadt arbeiten und nach Gottes Willen, Zeit solcher 
Arbeit in der Stadt versterben würde, sollen die hiesigen Meister und Gesellen und 
Zunftgenossen bei obengesetzter Strafe die Leiche zu begleiten und zu Grabe zu 
tragen schuldig sein. 4" « 
1) So berichtet schon das Annaberger Wochenblatt vom 18. Febr. 1842, daß 
in einem Dorfe des Erzgebirges ein Grab eines Mannes geöffnet worden sei, dem
	        
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