Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 126 — 
ihm den letzten Händedruck versagte (Wo.). Vor dem Trauerhause er— 
scheint der Lehrer mit den Chorknaben, von denen einer das Kreuz 
voranträgt. Nach dem Gesange einiger Lieder setzt sich der Trauer- 
zug in Bewegung, den der Geistliche in der Nähe der Kirche oder auf 
dem Friedhofe erwartet (v.). Liegt den Chorknaben auch das Lauten ob, 
so eilen einige von ihnen nach dem Gesange zur Kirche, wo sie sofort mit 
Lauten beginnen (Kö.). In B. lief ein Chorknabe auf eine hochgelegene 
Stelle und gab durch Schwenken seiner Mütze das Zeichen für den Türmer. 
Damit der Tote, bez. seine Seele nicht den Heimweg finde oder 
wiederkomme und niemand aus der Familie nachsterbe, werden Schemel 
und Bänke, auf denen der Sarg gestanden hat, umgeworfen (Gey. 737), 
oft unter großem Gepolter (Eib.), wird die Stelle, wo sie aufsgestellt 
waren, mit weißem Sand bestreut und dreimal bekreuzigt (Nd., Grünh.,, 
B.) oder gekehrt (Wo., B.), werden alle Abfälle von Kränzen mit dem 
Rutenbesen dreimal der Leiche bis zur Haustür nachgekehrt (Ehr., Schl., 
Pf., Kl.). Der Besen wird auf einem Balken im Stalle aufgehoben (Kö., 
Ge., W.). Ferner schließt man sofort die Haustür (H., Ob., Mau.), 
die man auch dreimal zuwirft (Schl.), wie auch sonst alle Türen im 
Hause geschlossen werden (Cr., Gey. 737). Die Haustür wird nicht 
eher wieder geöffnet, als bis die Leidtragenden zurückkehren, nur ein 
Grabgänger darf die Tür öffnen (H.). Geht jemand eher hinein, so 
stirbt ein Hausbewohner (Ob.) oder der Eintretende selbst (R.). Die 
Person, die ins Haus tritt oder treten will, wenn die Haustür dreimal 
zugeworfen und abgeschlossen wird, weist mit Alter und Geschlecht auf 
die nächste Leiche hin (Ge., W.) oder stirbt selbst (Ri., Nied. 314). 
Gleich bedeutend ist der zuerst Zurückkehrende von den Leidtragenden 
(Ehr.). Wer als erster das Haus verläßt, aus dem eine Leiche getragen 
worden ist, folgt dieser bald nach, ebenso der, der aus dem Fenster 
einem das Haus verlassenden Leichenzuge nachschaut (A.). Um des 
Toten Wiederkehr zu verhindern, wird ferner der Sarg mit dem Fußende 
zuerst aus dem Hofe getragen (allg. 736), unter der Haustür dreimal 
gesenkt (A. 7367), reißt man ein Stück aus dem Bettuch, auf dem der 
Mensch starb, und wickelt es um einen Baum im Garten (Kl.), schreibt 
drei Kreuze auf die Haustürschwelle oder legt einen Groschen darauf, 
der, wenn er liegen bleibt, die Rückkehr des Toten verkündigt, ihn aber 
verscheucht, wenn er weggenommen wird (A.). Ein eigentümliches Ge- 
räusch im Ofen kündet die Anwesenheit des Verstorbenen an (Gey.). 
Um Kindern die Furcht vor dem Toten zu nehmen, läßt man sie 
mit dem rechten Fuße in den Sarg treten (Gey.) oder Regenwasser 
trinken (Ri.), zupft man die Leiche an der großen Zehe (A. 183), setzt 
sich auf die Stelle, wo die Seele entfloh (Gd.) oder betet um Mitter- 
nacht auf dem Standorte des Sarges ein Vaterunser (W., M.). 
Verlischt bei einem Begräbnis eine Kerze, so stirbt ein Leichen- 
gänger (H., Ne.). Eine dem Toten nicht gewährte Grabstelle läßt ihn 
ruhelos umhergehen (H.). 
Der Leichenzug. (Vgl. M.) Dem Leichenwagen oder der ge- 
tragenen Leiche folgen paarweise die Anverwandten, dann die Männer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.