Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Reicheltwiese mit Führer und Gespann versunken sein soll, ohne daß je 
wieder etwas davon zum Vorschein gekommen ist. · 
Weshalb nun aber all die folgenden Spukgestalten ½ erscheinen 
müssen, ob sie ungesühnt Freveltaten begangen haben oder ein Unglück 
sie betroffen hat, darüber konnte ich nichts Bestimmtes erfahren und 
zähle sie deshalb nur kurz auf. Auf der Straße zwischen Th. und Ehr. 
erscheint dem einsamen Wanderer ein übergroßer Mann und bringt ihn 
vom Wege ab. Auf der Brücke über den Greifenbach zwischen Gey. 
und Ehr. kann der Mensch nachts 12 Uhr nicht vorwärts, bei Gornau 
in der Nähe von vier alten Linden erscheinen Irrlichter und ein Leichenzug, 
bei Di. läßt sich nachts 12 Uhr ein Ziegenbock sehen, der aber verschwindet, 
wenn der Wanderer ein Vaterunser betet, bei Kö. erscheint ein Fuhr- 
mann, der mit der Peitsche knallt, im Wäldchen beim Haselbrunnen tanzen, 
wenn der Wind geht, schwarze Herren mit weißen Damen (Nie. Mitt. 
II, 319), auf den Elendwiesen bei Th. erscheint ein Leichenzug, auf dem 
„Richterbluter“ in Drehbach ein Gerippe, im Harthauer Steinbruch eine 
Frau mit blauem Kopftuch, im Saubach und im Hofbusch bei Schl., 
sowie an den Brünlasteichen und vielen anderen Orten kommen Reiter 
ohne Kopf des Weges daher, nach der Volksmeinung unbeerdigt gebliebene 
Soldaten aus dem großen Kriege und Ritter, die hartherzig gegen ihre 
Mitmenschen waren; in der Bergschenke bei Klaffenbach kommt ein 
Pferd ohne Reiter, auf dem alten Raubschloß Katzenstein sieht man bei 
hellem Mondenschein eine alte Frau klagend die Mauerreste abkehren, 
bei der Ruine Niederlauterstein bei Zö. mitttags 12 Uhr eine weiße Frau, 
die Wäsche aufhängt. Auf dem Hüttenfelde, einer Waldlichtung bei 
Zö. springt dem einsamen Wanderer nachts 12 Uhr ein schwarzer zottiger 
Hund mit feurigen Augen und heraushängender Zunge, im Volksmunde 
der „Hüttenmatz“ genannt, auf den Rücken und läßt sich eine Strecke 
Wegs tragen. Schwere Krankheit ist die Folge davon. Ebenso erkrankt 
der, dem im Thesenbusche bei Zö. der weiße Hase erscheint. Auf dem 
Kreuzwege beim Huthaus im Hüttengrunde bei Ma. liegt der „Berg- 
minch“, ein schwarzer Hund mit feurigen Augen. Zwischen Sehma und 
Cunersdorf steht eine vom Blitz getroffene Fichte, in der ein weißer 
Pudel wohnt. Dieser zeigt das gleiche Gebaren wie der Hüttenmatz, 
doch läßt er sich bis zum nächsten Kreuzweg tragen. Lange bleiben 
die Spuren seiner Krallen sichtbar. 
Als Aufenthaltsorte der ruhenden Seelen dachten sich unsere 
Vorfahren im allgemeinen die Berge und Wälder, Flüsse und Quellen; 
denn nicht immer fuhren die Seelen der Gestorbenen im Winde einher, 
auch sie waren gleich den Menschen der Ruhe bedürftig. Und auch 
heute noch ist für den Deutschen die ganze Natur, seine nächste Umgebung 
mit Lebewesen erfüllt, denen er eine im allgemeinen von ihm nicht viel 
1) Vgl. hierzu: Sagenbuch des Königreichs Sachsen. Von Dr. A. Meiche. 
Leipzig 1903. Das Werk ist eine völlig umgearbeitete dritte Auflage von Gräßes 
„Sagenschatz des Königreichs Sachsen“. Reuschel, „Über die Volkssagen des König- 
reichs Sachsen“ (Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1903, 12. 13.). Sagen- 
buch des Erzgebirges. Von Dr. Köhler.
	        
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