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und nachsieht, ob die Mädchen ihre Zöpfe ordentlich geflochten haben,
widrigenfalls sie ihnen einen „Hollenzopf“ zaust. Bis Mitte der acht-
ziger Jahre beschenkten in A. die einzelnen Klassen ihre Klassenlehrer
mit Niklaszöpfen, die sie am Morgen auf das Pult legten oder am
Abend in der Wohnung des Lehrers überreichten, wobei auch die Kinder
des letzteren mit bedacht wurden. Die Kosten trug jede Klasse gemeinsam.
Dafür erzählte der Lehrer den Kindern einige Geschichten, spielte mit
ihnen, oder wie später, die Lehrer gaben Kaffee und Kuchen oder fanden
sich sonst in irgend einer Weise ab.
Chomas (21. Dezember).
Wie der Andreasabend ist auch die Thomasnacht eine Losnacht,
vor allem geeignet zur Erforschung zukünftiger Heiratsfälle. Vor dem
Schlafengehen wirft das Mädchen drei Körnchen Hafer unters Bett und
spricht dabei: „Ich streue Samen — In Thomas Namen. — In Thomas
Garten — Wird mich mein Schatz erwarten.“ Hierauf soll der Geliebte
im Traume erscheinen (3527). Erscheint niemand, so kommt das folgende
Jahr kein Freier (Ri., W.). Die heiratslustige Person stellt auf einen
Kreuzweg eine Schüssel Suppe, legt Messer, Gabel, Löffel, Brot und ein
Stückchen Butter dazu. Um 12 Uhr kommt der zukünftige Bräutigam (W.).
2. Die Zwölf Nächte. (Vgl. hierzu W. 74. Mo.1 293.)
All die eingangs erwähnten Züge altgermanischen Glaubens und
Kultes kann man besonders in der Zeit der Zwölf Nächte oder Inter-
nächte beobachten. Diese Zwölf Nächte (der Germane zählte die Zeit
nach Nächten und nicht nach Tagen) sind zweifellos unter christlichem Ein-
flusse auf die Tage vom 24. Dezember bis zum 6. Januar festgesetzt
worden, während die „Heiligen Winternächte“ der Germanen, die ja in
unserm Weihnachtsfest fortbestehen, sich anscheinend vom Beginn des
Dezembers bis in den Januar hinein erstrecken. Wie einst in alter Zeit,
so sind diese Tage auch heute die Zeit der Weissagung und des Zaubers,
auch heute noch sucht man die Geister durch allerart Zauber zu bannen,
damit sie Antwort geben. Natürlich sind es nicht mehr die Seelen der
Abgeschiedenen, die die Zukunft enthüllen; man hält eben den Kern des
alten Glaubens fest. Wie nach Verschiedenheit der Zeiten und Völker,
so haben auch alle abergläubischen Gebräuche und Ansichten veränderte
Beziehungen und Deutungen erhalten.
Allgemein verbreitet ist der Glaube, daß alle Träumen in den
1) Der Mensch hat zu allen Zeiten dem Glauben gehuldigt, daß er im Traume
Aufschluß über Vergangenheit und Zukunft, d. h. über Dinge, die ihm im Wach-
zustande verborgen sind, erlangen kann. Im allgemeinen wurde solcher Aufschluß
wohl als eine Offenbarung der Götter oder anderer höherer Wesen angesehen. Wie
oft hört man nur von Leuten, die infolge eines „schienen Träms“ nach Böhmen
fahren und im Lotto setzen. Über „Schlaf und Traum“, (. die interessanten Aus-
führungen in Lehmann, Aberglaube und Zauberei v. d. ä. Zeiten a. b.
i. d. Gegen wart, S. 466 ff.