Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Seelen im Winde und ihren dämonischen Führer, sind einerseits die 
Mythen vom altgermanischen Windgott entsprossen, andrerseits die viel- 
gestaltigen Volkssagen mit ihrem ethischen und pädagogischen Beiwerk“ 
(Mo., 307). 
ie Der heilige Abend. 
Am h. Abend ruht die Arbeit ganz. Mit dem 23. Dezember muß 
alles blank und gescheuert sein; tut es die Hausfrau später, so träte 
Aschenputtel auf ein Jahr in ihr Recht (A., Br.). Mangel an Speise 
und Trank ziehen ein, wenn bis um 11 Uhr vormittags, am Christabend 
Eimer und Kannen, der Ofen, die Lampen u. a. nicht gefüllt worden 
sind (A., Ob., Br., Gey., B. 4517). Wer Wäsche mangelt, dem mangelt 
der Segen im ganzen Jahr (B. 74). Die Scheunentenne muß bis zum 
h. Abend gesäubert sein (Br.). Einst sollte sie den umherziehenden 
Geistern als Tanzplatz dienen, jetzt soll die Reinigung gutes Getreide 
bewirken (Schl.). Werden die Türen zugeworfen, so fährt der Blitz ins 
Haus (Th. 74“). Die Bäuerin verkauft — auch an den beiden anderen 
h. Abenden — keine Milch, sonst wird das Vieh behext (N.). Wer 
etwas verborgt. verliert die Macht über seinen Hausstand (Schl., B.); 
ist es ein Stallgerät, so kommt Krankheit unter die Tiere (M.). Wer 
erhaltenes Geld zählt, wird habgierig (Ma.). Wer näht, muß in kommender 
Zeit viel weinen (A.). 
Selbstverständlich ist der erste h. Abend auch eine Losnacht, 
in der alle Zauber aufgetan sind und sich das geheimnisvolle Dunkel 
der Zukunft entschleiern läßt. Ihm gleich an Bedeutung in dieser 
Beziehung ist der Silvesterabend, so daß viele Orakel entweder an dem 
einen oder am anderen Abende aufgestellt werden. Der am Christ- 
abend geworfene und mit seiner Spitze nach der Tür (A., Po., Mtt., 
Kl.) oder dem Friedhofe (Ar.) zeigende Schuh kündet dem Werfer 
Tod, läßt ihn das Elternhaus verlassen (Gey.), oder der Familie 
steht Wohnungswechsel bevor (v.). Ein an den drei h. Abenden 
aufgeschlagenes Sterbelied im Gesangbuch läßt den Wißbegierigen 
sterben (Br.). (Uber das Stechen und Aufschlagen von Büchern 
vgl. W. 349.). Hört der am Christabend (Silvester) an einem Fenster- 
laden Horchende von innen ein Ja, so geht ein von ihm gehegter 
Wunsch in Erfüllung (Th., Ehr. 341). Wem es in der Christnacht 
gelingt, dreimal unbemerkt in den Hühnerstall hinein= und herauszu- 
kommen, dem ist ein glückliches Jahr bestimmt (G.). Ein Wunsch geht 
in Erfüllung, wenn man auf dem finstern Holzboden beim ersten Glocken- 
schlag der Mitternachtsstunde ein Stück Holz „ergreift“ (Wo.). Die 
Zahl der ergriffenen Scheite kündet die Zahl der Kinder (A.). Junge 
Mädchen üben das „Näppelgreifen“. (Vgl. W. 333.) Zu diesem Zwecke 
setzen sie neun Tassen auf den Tisch. In acht davon bringen sie helles 
Wasser und trübes, Brot, Geld, Kohle oder schwarzes Band, ein Kränz- 
chen, ein Stück Holz und einen Span. Die neunte Tasse bleibt leer. 
Das um seine Zukunft besorgte Mädchen umgeht hierauf mit verbundenen 
Augen dreimal den Tisch und greift einmal oder dreimal in eine der 
Tassen. Was es ergreift, das bringt die Zukunft. Die acht Dinge
	        
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