Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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gleiche Vereinigung am nächsten Fest. Verliest der Hausvater das Gebet, so 
steht er außerhalb der Kette (Gey., Joh.). Wer sich im Gebet verspricht, 
muß in kurzer Zeit sterben (v. 315*). Die Mahlzeit selbst besteht nach 
weithin geübtem, fast allgemeinem Brauche aus sieben- oder neunerlei 
Speisen (78). Im Heiling O'mdlied heißt es: „Mr hoom a Neinerlee 
gekocht, — A Worscht un Sauerkraut, — Mei Mutter hoot sich o'ge- 
plogt, — Die ale gute Haut!“ Und ein anderer Dichter singt: 
Dr Sauerkraut un Weihraachduft 
Dorchzieht dos ganze Haus, 
Dos is de rachte Weihnachtsluft 
Ben Heiling O'mdschmaus. 
Fei Marzepa gibt's bei uns net 
Un anneres Gelack. 
De Ku'ng un Stoll'’n sei aa net fett 
Un machen kane Flack. 
Dos Neinerlá hoot fu geschmeckt, 
Ka Rast in Schisseln stiht. 
Eh nu dr Tisch ward ogedeckt 
Sing mre Weihnachtslied. 
Die Auswahl der Speisen ist nicht überall gleich. Am meisten 
wiederholen sich Linsen oder Erbsen, Sauerkraut mit Bratwurst oder 
Schweinebraten, Klöße, Salat von Kartoffeln, Kohlrüben oder roten 
Rüben, Hering mit Apfelsalat, Hirse oder Grützebrei und gebackene 
Pflaumen, bei Bessergestellten Karpfen. Jede ist bedeutungsvoll. Linsen, 
Erbsen und Hirse bringen Geld (allg. 126). „Hat zum h. Abend der 
Hirsen geschmeckt, das ganze Jahr Geld im Beutel steckt“ (Frk.). Je 
mehr man davon ißt, desto reicher wird man (Ri.). Soviel Körnchen, 
soviel Mark (Joh.). Man ißt deshalb Hirse oder Linsen (632) neben 
Semmelmilch (= „h. O'mdstruh“") auch an den beiden anderen h. Abenden 
(Th., Zwö., B.). Die Linsen dürfen nicht sauer sein, sonst wird einem 
das Leben sauer (A.). Klöße bedeuten Taler (v.). Ißt man einen 
Schuppenfisch, so mangelt es ebenso nie an Geld 622). Die Schuppen 
legt man in die Geldbörse (Ho,). In Zi. ißt man auch Erbsen, Linsen 
und Hirse nacheinander, denn sie bringen Gold-, Silber= und Kupfergeld. 
Buttermilch vertreibt Kopfschmerzen (Kl., P. 78), bewirkt Schönheit 
(Nd.), läßt die Spitzen weiß bleiben (R.). Rote Rüben verleihen 
rote Backen (A. 78). Saure Speisen, mancherorten auch das Sauer- 
kraut, lassen den Esser das kommende Jahr sterben (Po., Mau., N.). 
Andere wieder essen drei Tage zuvor an jedem Abend Sauerkraut, da- 
mit kein hartes Jahr komme (A.). Gemieden werden, wenn auch nicht 
übereinstimmend, Suppe; denn diese läßt die Nase tropfen (Ehr.), ganze 
Kartoffeln und Erbsen, beide Speisen erzeugen Ausschlag und Beulen 
(So., A. 745). Schwarzbeeren bringen Trauer (Mau.). Neue Messer 
und Gabeln dürfen nicht auf den Tisch kommen (Br.). Kommt ein 
aufgeschnittenes Brot oder ein angeschnittenes Stückchen Butter (A., Th.) 
oder das letzte (Br., Gey. 293) auf den Tisch, so zieht Nahrungsmangel 
ein. Weil das in der Weihnachtswoche gebackene Brot Zauberkräfte
	        
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