Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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birgt, so werden die Aufschnitte — an jedem der drei h. Abende schneidet 
die Hausfrau zur Beförderung ihres Hausstandes ein Brot an (Elt., Schö., 
B. 451) — gegen Kopfschmerz (Mtt.) oder Mangel an Brot (W.) jahre- 
lang aufbewahrt. Ebenso hebt man den Aufschnitt des ersten Stollens auf 
(Mtt.), der am 1. Feiertage aufgeschnitten wird, „um sich das kommende 
Jahr welchen leisten zu können“ (Gey.). Zuvor darf der Stollen nicht 
aufgeschnitten werden, weil, wie man sagt, Christus noch nicht geboren 
war (Th.). Die Schnittfläche des Brotes muß nach der Hauptschüssel zu 
liegen, sonst schwindet der Segen des Hauses (Br., A.). Alle Speisen 
kommen reichlich auf den Tisch, damit von jeder etwas übrig bleibt, 
um Nahrungssorgen im kommenden Jahr fernzuhalten (Gey.), niemand 
hungrig aufstehe. Geschähe es, so hätte die Person immer Hunger zu 
leiden (B. 461). Ißt sich die Hausfrau nicht satt (A.), wird sie am 
Abend zweimal begrüßt (Gey.), so legen ihre Hühner weg. Nichts 
darf übrig bleiben (A., N. 461“), wenn, so werden die Speisen in der 
Mitte des Tisches zusammengeschoben und mit dem Tischtuche bedeckt 
(Mtt.). Nur der Hausherr darf auf seinem Teller etwas liegen lassen 
(Mtt.). Schüsseln und Teller werden nach dem Essen sofort gereinigt 
(Br., Ehr., W., Schl.). Weil aber die Familie so viele Tränen weinen 
muß, als Wasser am h. Abend nach 6 Uhr weggegossen wird, so bleibt 
das Aufwaschwasser bis zum Morgen stehen (Schl.). 
„Soviel Wasser aus dem Haus, 
Soviel Tränen weinst du aus!“ (IA.) 
Bevor nicht die Stubentür geschlossen wird, darf niemand vom 
Tische aufstehen (A.). Wer während des Essens aufsteht, stirbt im 
kommenden Jahr (Mtt.). Vor allem darf die Hausfrau nicht ihren 
Platz verlassen, „weil Maria auch nicht aufstehen konnte"“ (L.), ihre 
Hühner alsdann die Eier verlegen (A.). Wer am längsten ißt, lebt 
am längsten (v.), wer dabei vom Stuhle fällt, stirbt das Jahr darauf 
(Th.). Wer beim Abendessen fehlt, stirbt ebenfalls im kommenden 
Jahr (Or.). Während des Essens liegt das Säetuch auf dem Tische 
(Ho. 652). Unter die Teller werden Geldmünzen gelegt, damit man 
immer Geld habe (Schl., Br., A., Schw.). In der Mitte des Tisches 
aber brennt das h. Abendlicht, eine buntbemalte Stearinkerze (v.), die 
auf kurze Zeit zu eines jeden Teller gesetzt wird (Mtt.). Im „NM 
annersch Weihnachtslied“ heißt es davon: 
„Satt dos h. O'mdlicht al — Sei fei rute Bliemle dra — Un a kläns 
Gesprichle. Ho zwee Grosch' d'’rfier bezohlt, — Salberscht fu schie a'gemolt 
— Wie a Taffettichchle.“ Das Licht, das erst beim Beginn des Essens an- 
gezündet werden darf, weil sonst Unglück kommt (Kl.), muß für alle 
drei h. Abende ausreichen, am dritten aber niederbrennen (Br.). Es 
bleibt brennen, wenn die Familie in den Metten ist (Gey.). Wer es 
wegnimmt oder auslöscht, muß rasch sterben (M., Br. 454°“). Das 
gilt auch vom h. Abendlicht beim Silvesteressen (A.). „Ich hab's noch 
nie ausgelöscht, das muß immer mein Mann tun“, so sagte mir eine 
Frau in A. Deshalb schneiden manche den Docht ab (Br., A.). Sein
	        
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