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oder ein Leuchter in Form einer Spinne, die „Spinne“, ersetzt, die
„Ecke“ oder der „Berg“, eine möglichst figurenreiche geschnitzte Darstellung
des Lebens Jesu, und die Weihnachtspyramide mit dem Tierparadies,
die wie die Ecke bei armen Leuten oft den einzigen Schmuck des Stübchens
bildet. Die oft durch viele Generationen vererbte „Ecke“ ist der Stolz
der Familie. Weil ihr Hauptbestandteil die Christgeburt ist, wird sie
auch schlechthin die Christgeburt oder das Bethlehem genannt.
Die Weihnachtspyramiden, im Volksdialekt Perametten,
Pergemiden genannt, zeigen eine außerordentlich große Mannigfaltigkeit.
Eine solche besteht in der Regel aus mehreren Stockwerken („Platten“),
die an einem in der Mitte stehenden Stab befestigt sind, an dessen
oberem Ende ein Flügelrad angebracht ist, das durch die aufsteigende
Wärme der auf die eigentliche Pyramide gesteckten Lichter in Bewegung
gesetzt wird und die Platten dreht. Die auf den Platten stehenden
Figuren stellen gewöhnlich die Entwicklung der christlichen Kirche von
Christus bis auf die Gegenwart dar. Neben solchen kunstvoll hergestellten
gibt es auch ganz einfache Pyramiden aus vier mit buntem Papier
überzogenen Stäben, die unten durch vier Querleisten zusammengehalten
werden und oben eine Spitze bilden. Das so gebildete Gestell wird
mit allerhand Schmuck behängt und mit Lichtern besteckt. Die Pyramiden
werden mit Vorliebe ans Fenster gestellt, damit sie auch der Vorüber-
gehende bewundern kann und ihr Lichtschein hinausfalle.
Die Christgeburt befindet sich meist inmitten eines Paradiesgartens
oder in der Höhle eines Berges oder ist als besonderes Schaustück als
„Ecke“ in einem Winkel des Zimmers aufgestellt, oft so groß, daß sie
diesen ganz einnimmt. In dem zuerst erwähnten Falle ist sie ein mit
einem Zaun umgebenes und mit Moos bedecktes Brett. Seitwärts dar-
auf steht der Stall, zu dem ein mit Sand bestreuter Weg führt. Vor
dem Stalle stehen die h. drei Könige, Gaben bringend dem in der Krippe
liegenden Christkindlein, auf das Maria und Joseph mit stiller Freude
blicken. Die Kunde von der gnadenreichen Geburt unseres Herrn bringt
ein mit Draht an einem Baume befestigter Engel den an der anderen
Seite des Brettes aufgestellten Hirten. Bis in die 60er Jahre wurden
die Figuren für die Chrisigeburten und Pyramiden auch aus einem mit
Schwarzmehl zubreiteten Teig geformt und vorherrschend grün, rot und
Oblaten, Zischgold, Zucker.“ Nach Mogk, Sächs. Volkskunde, S. 280, wird der
Christbaum als Mittelpunkt der Bescherung in unserem Sachsen zum ersten Male
1737 in Zittau erwähnt. Vergl. auch Ortwein, Deutsche Weihnachten, Gotha. über
den Ursprung des Weihnachtsbaumes schreibt Dr. Eick: „Der Weihnachtsbaum ist
nichts anderes als das Wiederaufleben von der Vorstellung des „Lebensbaumes“,
die allen heidnischen Völkern gemeinsam ist. Wir meinen damit nicht so sehr die
lokale Verehrung einzelner Bäume, als das Bild eines in der metaphysischen Welt auf-
ragenden Baumes, der — als Urbild und Vollendung des Baumkultus — der heid-
nischen Vision zum Symbol des zeugenden Lebens wurde. Mögen wir heute auch
jegliches Verhältnis zu der „Wirklichkeit“ solcher Symbolik verloren haben, so müssen
wir es doch als Tatsache hinnehmen, daß der heidnischen Seele dieser Baum ein
religiöses Erlebnis war, das er in seinen Kultvorstellungen wie in seinen Kosmo-
logien widerspiegelte".