Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 165 — 
Köpfen, die, je nach dem Inhalte des Gedichtes, das das einzelne Kind 
zu deklamieren hatte, aus Rosen, Buchsbaum, Myrten oder anderen 
Blumen bestanden. Die Gedichte wurden auf einer kleineren geschmückten 
Erhöhung vorgetragen, die sich neben dem in der Mitte des Altarplatzes 
stehenden Christbaume befand, um den herum sich die Kinder auf den 
aufgestellten Bänken niederließen. Großer Wert wurde auf die Gesten 
des deklamierenden Kindes gelegt. — Jetzt werden die Metten abends 
um 8 Uhr abgehalten. Den Anfang bildet die Deklamation des Liedes: 
„Vom Himmel hoch —“ durch ein Mädchen. Hierauf betreten die 
übrigen Kinder, gekleidet wie ehedem, mit brennenden Wachsstöcken und 
mit dem Gesange des Liedes: „Vom Himmel hoch —“ die Kirche. 
Nach der Deklamation eines zweiten Gedichtes spricht der Geistliche 
einzelnes aus den Responsorien und Intonationen, begrüßt die Gemeinde 
und verliest, nachdem die Gemeinde ein Weihnachtslied gesungen hat, 
die Geburtsgeschichte des Herrn, die an geeigneten Stellen durch den 
Gesang eines passenden Liedes oder die Deklamation eines Gedichtes 
unterbrochen wird. Solche sind: „Dir, kleines Bethlehem, erklang des 
heillgen Sängers Lobgesang —"“, „Hosianna, Davids Sohn, kommt in 
Zion eingezogen —“, „Ehre in der Höhe hoch —“, „Fest aller heiligen 
Feste —“, „Es ist ein Rof’ entsprungen —“, „Alle Jahre wieder —“, 
„Stille Nacht —“, „O du fröhliche —" u. a. Dazwischen singen zwei 
oder drei Knaben vom Chore aus die Weissagung (Jes. 9, 1 ff.) und 
mit dem Gesange eines Weihnachtschorales schließt die Mette, die ge- 
wöhnlich bis ½10 Uhr dauert. 
Ein dramatisches Gepräge haben die um 5 Uhr früh beginnenden 
Cbristmetten in Satzung. Während es noch läutet, kommen aus der 
Sakristei Engel, Hirten, Maria und Joseph im feierlichen Schritt ge- 
zogen und nehmen auf den um den Altarplatz herum aufgestellten 
Bänken Platz. Die Engel tragen weiße Kleider, Perlenkronen und 
Schärpen, der Verkündigungsengel außerdem noch goldene Flügel. Die 
Hirten sind angetan mit Hose und Hemd, auf dem die rotgestrickten 
Hosenträger kreuzförmig aufliegen. Ihre Köpfe sind mit grünen, un- 
gefähr 40 cm hohen Papphüten in Zylinderform bedeckt, deren oberer 
Rand gezackt ist. In den Händen haben die drei Hirten als Geschenke 
für das Christuskind einen Hirtenstab, ein Schäfchen und eine Schalmei. 
Joseph trägt einen langen Mantel und eine Laterne, Maria ein weißes 
Kleid. — Nach dem Eingangsliede, gewöhnlich: „Ich freue mich in 
dir" — (s. Gesgb. No. 43) verliest der Geistliche das Weihnachtsevan- 
gelium, das alsdann dramatisch dargestellt wird. Die drei Hirten treten 
auf die Altarstufen, der rechte und linke legen sich zum Schlafe nieder, 
der mittlere wacht. Mit den Worten: „Auf, Simon, Elieser! Was 
ist das für ein Stern voll Pracht, der über Bethlehem dort steht!“ 
unterbricht er den Schlaf der beiden, wobei er nach einem an der Orgel 
angebrachten Sterne weist, der in eine 1½ m hohe Holztafel geschnitten, 
mit gelbem Papier verklebt und durch Lichter erleuchtet ist. Hierauf 
unterhalten sich die Hirten über die Zustände im Reiche Juda, bis ihnen 
der Engel der Verkündigung erscheint. Die Hirten eilen zur Krippe
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.