Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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2. Jahr: Kartoffeln oder Kraut (nach vorheriger Düngung im Herbste), 
3. Jahr: Getreide (auf Kartoffeln gewöhnlich Korn, auf Kraut gewöhn- 
lich Sommerweizen). 4. Jahr: Klee. 
Ein Neuntel sämtlicher Felder im Gebirge wurde zum Anbau der 
Kartoffel verwendet. Als eigentliche Futterkräuter gelten Klee, Wicken 
und Kraut. « 
Nach dem Kalender und statistischen Jahrbuche für das Königreich 
Sachsen erbaute man im Jahre 1898 in der Amtshauptmannschaft 
Annaberg auf insgesamt 40 ha Winterweizen 61 t Körner und auf 
201 ha Sommerweizen 265 t; im Jahre 1900 wurden vom ha durch- 
schnittlich geerntet 144 t Winterweizen, 1,3 t Sommerweizen, 1,44 Winter- 
roggen, 1,2 t Sommerroggen, 1,1 t Sommergerste, 1,4 t Hafer, 9,6 t 
Kartoffeln, 4,0 t Klee und 2,7 t Wiesenheu und Grummet. 
Wer ein Grundstück gekauft hatte, gab seinen neuen Gemeinde- 
genossen Bier zum besten und zwar beim Erwerb eines Gutes zwei 
Tonnen, eines Hauses eine Tonne. Männer und Frauen fanden sich 
dazu in der Schenke ein und verbrachten den Abend bei Scherz und 
Tanz. Das Gemeindebier ist jetzt in Wegfall gekommen. Bis in die 
60er Jahre war es Sitte, daß der Erstgeborene das Gut durch Erbgang 
erhielt. Jetzt bekommt es das Kind, das am meisten dafür zahlt. Das 
Verhältnis zwischen dem alten Auszügler und den jungen Leuten wurde 
mir immer als ein freundliches, ja oft herzliches geschildert, wenn jener 
sich meist auch nur mit einem ganz einfach eingerichteten Oberstübchen 
begnügen mußte und nur in großen Wirtschaften in einem Auszüglerhause 
wohnte. Als Auszug bekamen die alten Bauersleute G. in Cranzahl, 
die 1840 ihr in jener Zeit mit 3000 Talern, jetzt mit 6500 Talern be- 
wertetes Gut mit 30 Ackern Feld für 400 Taler dem ältesten Sohne 
übergaben, wöchentlich: 15 Groschen, 3 Brotert), jedes zu 5 Pfd., 3 Nösel 
Butter, 3 Kannen abgerahmte Milch, 3 Käse, 3 Eier, jährlich: 8—10 
Sack Kartoffeln, ½ Schinken, 3 Würste und 10 Pfd. Fleisch, zudem 
Holz zur Feuerung. 
2. Hausschutz. 
Haus, Hof und Garten stellt man gern unter den Schutz höherer 
Mächte. Im Hause soll der Segen Gottes wohnen. Ihn ruft der 
Polier schon beim Hausbau herab. Ist der Dachstuhl fertig, so schmückt 
man ihn mit einem Strauße oder Bäumchen, mit Tüchern behangen, 
und das Haus mit Kränzen, die Nachbarn, Freunde und Bekannte 
geschickt haben. Maurer und Zimmerleute singen hierauf, oft mit Musik- 
begleitung, gewöhnlich die erste Strophe des Liedes „Nun danket alle 
Gott“ —, dann „tut“ der Polier einen Spruch und wirft zuletzt ein 
1) In den 40 er Jahren kosteten u. a. im oberen Erzgebirge 1 Scheffel Korn 
6 Taler (soviel Taler der Scheffel Korn kostete, soviel Groschen kostete ein sechs- 
pfündiges Brot); 1 Pfd. Brot 1 Gr., ½. Kanne Butter 15—16 Pf., 1 Pfd. Kalb- 
fleisch 18—21 Pf., 1 Kanne abgerahmte Milch 6 Pf., einmal abgeschöpfte 12—14 Pf., 
1 Ei 4—5 Pf., 3 Liter Kartoffeln 20—21 Pf., 1 Scheffel Hafer 1 Taler bis 1 Taler 
6 Gr., 1 Bund Stroh 12 Pf. Ausgenommen sind bei diesen Preisen teure Zeiten.
	        
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