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allerlei symbolischer Handlung und mit ihm zugleich das neu erwachende
Leben. Ihrer Freude gaben sie durch ausgelassene Fröhlichkeit und
festliche Gelage Ausdruck. Bruchstücke und letzte Reste des zweiten großen
germanischen Jahresfestes, des Frühlingsfestes, haben sich in unseren
Frühlingsfesten und Bräuchen erhalten, in denen uns vielfach zersplittert
der Grundgedanke von dem mit der Sonne wachsenden Segen der Fluren
und der Hauswirtschaft entgegentritt.
Mariä Tichtmeß (2. Februar). Vgl. W. 95.
„Dunkle Lichtmessen bringt reichlich Essen; Lichtmeß helle, bringt
Mangel zur Stelle“ (Sp. 714). „Wenn an Lichtmeß die Sonne scheint,
dauert der Winter noch lang“ (Sp. 715). „Wenn es zu Lichtmeß trüb
ist, so kann der Schäfer vier Wochen eher austreiben; scheint aber die
Sonne, so muß er vier Wochen länger zu Hause bleiben“ (Sp. 710).
„Der Schäfer sieht zu Lichtmeß lieber den Wolf im Stall als den
Sonnenschein“. „Sonnt sich der Dachs in der Lichtmeßwoch’, so geht er
vier Wochen wieder zu Loch.“ „Lichtmeß im Klee, Ostern im Schnee"
(Sp. 717—719). „Lichtmeß hell und klar, ist der Winter weder halb
noch gar“ (Hein.).
An diesem Tage werden Lichter an die Fenster gestellt (Cr., Ob.,
Schl.). Das Vieh darf bei Licht nicht gefüttert werden (Nd.). Die
abziehenden Dienstboten singen:
„Heit is mei Gahr aus,
Do zohlt mich mei Harr aus,
Do namm ich mei Ränzel
Un mach mer aa e Tänzel“ (W.).
Reimspruch:
„Zu Lichtmessen, da können die Herren bei Tage essen, die Bauern,
wenn sie Zeit hab'n, die Bettelleute, wenn sie Brot hab'n“ (W.).
Fastnacht („Fôssnd“?).
(Vgl. W. 97 ff. M. 255 ff. Mo.#, S. 297 ff.)
In der Fastnachtszeit herrscht eitel Lust und Freude bei klein und
groß, ein Uberbleibsel kindlicher Lust aus alter Zeit. Daß die Reste
der altdeutschen Frühlingsfeier in eine Zeit fallen, wo bei uns oft noch
strenger Winter herrscht, hat seinen Grund hauptsächlich darin, daß die
römische Kirche ein Zusammenfallen der vierzigtägigen Fastenzeit mit
jenen Frühlingsfesten vermeiden wollte und diese in eine frühe Jahres-
zeit zurückrückte. Damit verfolgte die christliche Kirche, wie schon auf
Seite 139 erwähnt worden ist, auch hier die alte Praxis, soweit nur
möglich, die alten heidnischen Sitten zu schonen.
In A. erscheinen die Kinder in allerhand phantastischen Kleidern
auf der Eisbahn, wo nach fröhlichem Laufe die schönsten Masken vom
1) Fastnacht, abzuleiten von vasen, d. i. suchen, schwärmen, demnach die Nacht
des Umherschwärmens. Die Mundart hat sonach das alte Wort gewahrt.