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beschneide die Obstbäume, dann kommen die Raupen nicht hinauf (A.
Sp. 90). Man behänge die Obstbäume mit Strohkränzen, dann tragen
sie reichlich (M., J. 81). Vor Sonnenaufgang binde man Strohbänder,
dann kommen keine Mäuse ins Getreide (Fr. — Sp. 82). Damit der
Flachs gerate, binde man zu den Arbeiten am Tage eine blaue Leinwand-
schürze um (R., Lau.), verstecke am Abend die Spinnräder und tanze
daheim (385.). oder gehe zu Tanz in die Schänke, wozu die Hausfrau eine
weiße Leinwandschürze umbindet. Dabei springe man recht hoch, d. h.
man mache den sogen. „Fosentsprung“ (Fastnachtssprung). Oder die
Tänzer heben die Tänzerinnen in die Höhe und rufen dabei: „nätt wahr,
su lank muß der Flachs wärn" (allg. 657). Fastnacht= oder auch Silvester-
mitternacht 12 Uhr mit dem ersten Schlag springt die älteste Jungfrau
des Hauses in ihrer Kammer auf den Tisch und mit dem letzten Schlage
rückwärts herunter; so hoch wächst der Flachs“ (A., R., S. 657). Das
Verschwinden all der Bräuche, die sich einst an das Wachstum des
Flachses anschlossen, dürfte sich aus dem nur noch ganz geringen Anbau
desselben erklären lassen. Weiter erwähnt Spieß: Man kehrt den Schmutz
aus den vier Ecken der Stube, um von Ungeziefer frei zu bleiben (Ma.).
Am Tage vorher (Montag) werden alle Stuben, der Boden und die
Hausflur gewaschen, sowie der Stall gereinigt (S. Sp. 68). Die Fenster
werden von innen und außen gewaschen, dann werden sie im Sommer
nicht so sehr von Fliegen beschmutzt (S., Wp. 69). Zu Fastnacht ge-
waschene Wäsche wird blendend weiß (A.). Jetzt gilt am Fastnachtstage:
Man balge sich Mittag zwischen 12 und 1 Uhr tüchtig, damit man recht
fleißig werde (Br.), und tanze viel (v.). Die Frauen kaufen sich gern
neue Schürzen (Kö.). Zum Fastnachtstanz soll man ein neues Kleidungs-
stück, zum mindesten weiße Wäsche tragen (Kö.).
Einst fanden die Feste der Innungen fast durchweg in der Fasten-
zeit statt. So wurde bis 1821 in A. zu Fastnacht auch das Bergfest
gefeiert, (s. daselbst). Aus jener Zeit stammt wahrscheinlich der alte
Bergmannswunsch:
„Fôös'nd, halt noch e bissel nöch,
Dauer när noch värz'n Tog!“ (Ehr.)
Ein altes, nach dem Dreißigjährigen Kriege abgekommenes Fast-
nachtsspiel der Bergleute hieß „Quaß". Zwei verkleidete Männer, von
denen der eine mit Reisig und Moos, der andere mit Stroh umhüllt
war, wurden, nachdem man sie durch die Straßen und Gassen der
Stadt umhergeführt hatte, auf dem Markte zum Scheine niedergeschossen.
Aus gefüllten Blasen spritzte Blut der Getöteten. Im Wirtshause,
wohin die Toten gebracht worden, schloß sich an die Zeremonie ein
Gelage an. (Nach Chr. Lehmann.)
Kinderreime.
Heit is Fastnacht,
Hoot mei Vote 'n Ziengbock geschlachtt.
Hoot ne ball ganz tut gebracht,
Hom mr 'n oder ausgelacht (Ven.).