Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Wenn es dem Herrn ins Grab regnet, kommt ein trockener Sommer 
(Gro. 87°). Ein in der Karwoche offenes Grab hält Blitzschlag vom 
Orte fern (Wo. 85°“ 300). Steht eine Leiche im Hause, so schlägt es 
in dem Jahre nicht ein (Di.). S. auch S. 62. 
Ostersonntag. (Vgl. M. 257.) 
Mit dem Ostersonntag bricht die Osterfreude an. Sind die Ostern 
„grün“, so zieht alt und jung hinaus und freut sich der vom warmen 
Strome des Lebens durchzuckten Natur. 
Der Aufgang der Sonne, die an diesem Morgen „vor Freuden 
tanzt“ (83) und in der man den auferstandenen Heiland sehen kann, 
weshalb man auch eine Wanne mit Wasser in den Hof stellt, worin 
das springende Osterlamm zu sehen sein soll (A., Br. 83), wird, wenn 
auch nur vereinzelt, mit Schüssen begrüßt. Wiederholt, so schon 1849 
erschienen im Annaberger Wochenblatte Bekanntmachungen, die das Oster- 
schießen mit Geld= oder Gefängnisstrafe bedrohen. In Kü. durchziehen 
in aller Frühe die Bewohner mit Musik den Ort. Dieses Beginnen ist ein 
Beweis dafür, daß ein Brauch aus der Höhe tiefernster Religionsspiele zueiner 
bloßen Belustigung herabgesunken ist. Einst umritt man jedes Jahr, 
ehe der Landmann seine Arbeit begann oder sie vollendet hatte, in 
feierlichen Zuge die Saatfelder, um bösen Dämonen den Zugang zu 
ihnen zu wehren. 
Allgemein bekannt ist der Brauch des Osterwassers, das man um Mitter- 
nacht vom Ostersonnabend zum Ostersonntag, vielfach auch in der Kar- 
freitagnacht aus fließenden Gewässern oder Quellen schöpft und zwar 
vor Sonnenaufgang oder beim Blinken des ersten Sonnenstrahles. Auf 
diesem Gange, der über die Brücke führen muß, über die die letzte 
Leiche getragen worden ist (Or.), darf man, wie auch auf dem Heim- 
wege, sich nicht umsehen (O.), niemandem begegnen, sich nicht sehen lassen 
(N.), niemanden grüßen und nicht sprechen, weil es sonst „Plapper- 
wasser“ und ohne Heilkraft ist (allg.). Jedes Wort bringt zudem 
Unglück (Joh.). Vor dem Schöpfen betet man ein Vaterunser (Joh.). 
Nur das Wasser besitzt Heilkraft, das zuerst aus dem Bache geschöpft 
wurde (A.). Nach dem Schöpfen trinkt man davon und spuckt es in 
Kreuzform wieder aus (Gro.). Andere gießen das Wasser nach dem Gebrauche 
vor Sonnenaufgang wieder in den Bach,aus dem man es geschöpfthatte (O.). 
Wieder andere spülen sich am Bach nur den Mundaus, umdie Zähne gesund zu 
erhalten (A.). Meistaber wird das Wasser aufgehoben, da seine Haltbarkeit un- 
begrenzt sein soll (S., Wo., He., Kl. 83). Nach einjährigem Stehen verwandelt 
es sich in Wein (Nd.). Solange Osterwasser im Hause ist, trocknet der 
Brunnen nicht aus (Nd., Kl., Gd.). Ein Bad darin oder eine Waschung 
damit bringt Schönheit und Gesundheit (Gey., Bä., Schl., B. 83). Man 
wäscht sich deshalb auch gleich an Bach oder an der Quelle vor 
Sonnenaufgang (Mau). Osterwasserumschläge heilen Wunden (Gey.). 
Osterwasser in den Brotteig gegossen, bewahrt das Brot vor Schimmel 
(A.), den Tieren ins Saufen gegeben, läßt diese schnell wachsen und gut
	        
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