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gedeihen (M. 83*). „Die Heiligkeit, die der germanische Natursinn dem
Wasser wegen der in ihm wohnenden Geisterwelt verliehen hat, ist es
gewesen, die dieses Element heilkräftig macht und die Zukunft künden
läßt“ (Mo.i, 331). Dem Osterwasser an Wirkung gleich sind Ostertau
und Maientau. Man breitet die Nacht über weiße Tücher im Freien
aus, die am Morgen ausgerungen werden (W. vgl. 88). Weniger er-
giebig sind am Morgen befeuchtete Läppchen (Zw., Gey.). Um schön
zu werden, vor allem gegen Sommersprossen, wäscht man sich mit
Märzenschnee (J. 114). Damit gekehrte Stuben bleiben frei vom Un-
geziefer (Br., Pf. 114). Am ersten Osterfeiertage kreuzweis auf den Dünger
gelegte Holunderzweige verhüten die Abnahme desselben (M.). Im
Stalle aufgehängte Tannenzweige machen die Kühe milchreich, erhalten
sie gesund und schützen vor Hexen (Nd.). Spieß erwähnt noch (96 97):
die Kühe bekommen vor Sonnenaufgang Bockauer Kräuterpulver, damit
sie nicht behext werden (S.). Man fährt vor Sonnenaufgang Asche
auf das Feld, dessen Fruchtbarkeit dadurch befördert wird (B.). Doch
sind mir diese Bräuche nicht bekannt geworden.
Mit der wiederkehrenden Sonne kamen nach altem Glauben auch
die schädigenden und Krankheit bringenden Dämonen ins Land, die der
im Frühling beginnenden Arbeit des Landmannes auf allerhand Art
und Weise hinderlich sein sollten. Deshalb loderten einst auf den
Feldern mächtige Feuer empor, deren Anblick die Dämonen verscheuchen
sollte. Ein Nachklang dieses Glaubens hat sich in den Osterfeuern
erhalten, die hie und da noch vereinzelt aufleuchten. Die Holzkohle
davon gibt mit Fett vermischt eine heilkräftige Salbe (Mau.).
Noch in den sechziger Jahren war es nach Spieß allgemein üblich,
daß Knechte, Mägde und Kinder zu Ostern die Langschläfer frühzeitig
mit Gerten von Birkenreisern aus den Betten trieben, ein Brauch, der
sich noch vereinzelt in St., Gru., I., Br., Ri. u. a. a. O. erhalten hat
und zwar mit der Bedeutung, daß die Geschlagenen immer zu rechter
Zeit erwachen sollen! So hat sich alter Ritus nur noch als volks-
tümliche Sitte erhalten und niemand ahnt noch, daß diese einst der
Ausdruck von Glaubensvorstellungen gewesen ist. (Vgl. Seite 190.)
In Ri. bekommen die Peitschenden zuweilen Kaffee und Kuchen vorge-
setzt. Oft schleicht sich am Abend zuvor einer in die Schlafstube ein,
um früh die Tür zu öffnen, die man auch vielfach nicht abschließt.
Die Gerten, Birkenreiser und Weidenzweige, werden mit roten Seiden-
bändchen umflochten.
1. April.
„Am ersten April schickt man den Narren, wohin man will“ (v.).
Das „in den April schicken“ ist beliebt bei groß und klein. Der Ge-
foppte heißt der Aprilnarre. „Heit is dr erschte April, do ka mr
afihrn, wan mr will“ (A.). Die Kinder sagen zueinander: „Agefihrt,
mit Butter beschmiert, Käse geleckt, hat gut geschmeckt“ (A.). „Agefihrt,
agefihrt mit Leschpapier, mor'ng kimmt dei Schatz ze dir!“ (allg.) Er-
wachsene schicken sich Briefe mit den Worten: „Hätt'st du den Brief