Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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nicht aufgemacht, so würd'st du auch nicht ausgelacht! (Cr.) Die Sitte, 
am 1. April jemanden anzuführen oder zu „veralbern“, soll aus der 
Sitte der römischen Kirche, die Leidensgeschichte Christi öffentlich dar- 
zustellen, herrühren und hätte ursprünglich nur das spottvolle Hin= und 
Herschicken Christi versinnbildlichen sollen. Andere bringen die Sitte 
mit dem trügerischen Aprilwetter in Verbindung, so W. 100. Dem 
germanischen Altertum war die Sitte unbekannt, und sie hat bei uns 
erst im 17. Jahrhundert Eingang gefunden und zwar von Frankreich 
aus. Noch andere halten die Sitte für den letzten Rest eines zu An- 
fang des April mit Possen, Späßen und lustigen Schwänken gefeierten 
Frühlingsfestes. Der erste April ist ein Unglückstag, weil Judas an 
diesem Tage geboren worden sein soll (v. 100). Ebenso sind nach dem 
Volksglauben der 1. August und der 1. September sehr unglückliche 
Tage; an jenem wurde der Satan aus dem Himmel gestoßen, an diesem 
gingen Sodom und Gomorra unter. 
Walpurgisahend (Walperto'md.) 
Am Walpurgisabend treiben die Hexen, die noch heute im Volks- 
glauben eine große Rolle spielen, ihr Wesen. Deshalb trifft man aller- 
hand Vorkehrungen, um Haus und Hof, Stall und Vieh vor ihren 
vermeintlichen bösen und schädigenden Einflüssen zu schützen. Die aber- 
gläubische Bauerufrau hält streng darauf, daß vor sechs alle Tiere im 
Stalle sind (v.), diese noch vor Sonnenaufgang ihr Futter erhalten, um 
nicht mit Licht in den Stall zu müssen, weil dieses die bösen Geister 
anlockt (Gey., O.). Die Stallöcher werden sorgfältig verstopft (Nd.). 
An die Stalltüren werden drei Kreuze geschrieben (Ri., H., O., Umgeg. 
v. J., H., Ham. u. v. a. O. 89. 142), davor aber werden ein Stück 
frischer Rasen, ein alter Besen (Br.) oder die Stallgeräte mit ihren 
Spitzen und scharfen Kanten nach oben gelegt, woran die Hexen hängen 
bleiben und Schaden nehmen sollen (M.). Durch Quirlen im Ofentopfe 
soll den Hexen angst werden (Umgeg. v. J.). Die Tiere selbst bekommen 
rote Bänder um den Hals (Nd.), neunerlei Kräuter (M.), Bockauer 
Kräuterpulver (Ne.) oder einen Abguß von Heide unters Futter (M.). 
Nach Sonnenuntergang verkauft der Bauer nichts mehr, sonst schwindet 
der Segen des Hauses und die Milch wird sauer (v. 89“. 705). Tut 
er es dennoch, so schüttet er Salz in die Milch (Gd. 7057) oder wirft 
dem Empfänger Salz nach. das alle übeln Folgen verhindern soll (W.). 
Ehe die Bauernfrau an diesem Tage buttert, schlägt sie drei Kreuze übers 
Butterfaß, dessen Reifen sie von unten nach oben zählt und dann mit 
einem Tuche umbindet, damit sie niemand nachzählen kann, was dem 
Behexen gleichkäme (Gd. 707*). Am Walpurgisabend soll der Rahm- 
topf leer sein; in den vollen kommen die Hexen (Zw. Geg.). Gibt eine 
Kuh nach diesem Abende keine Milch mehr, so ist sie behext worden, 
indem eine Hexe trotz aller Zaubermittel drei Strohhalme unter die 
Stallschwelle legte (Sch.). Hängt ein schwarzer Ziegenbock oder eine 
Elster im Stalle, so sind die Tiere an diesem Abende wie auch zu
	        
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