Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Geister wird das Haus mit Kränzen behängt oder man steckt einen 
Strauß an die Tür (Gro. 92). Die Tiere bekommen Kränze um den 
Hals, damit auch sie am Blumensegen des Johannistages ihren Anteil 
haben (Gd.). In A. bekränzten die Kühjungen einen Ochsen und führten 
ihn zu ihrem Herrn, der sie mit einem Geldstück beschenkte (Sp. 150). 
Das am Johannistage gehauene Gras wird auf dem Oberboden ge- 
trocknet und den Tieren unters Futter gegeben, um sie vor Schaden 
und den üblen Folgen des Beschreiens zu schützen (He.). Man ißt 
Semmelmilch gegen Kopfschmerzen (v.). — Weithin üblich ise das Betteln 
des Johannispfennigs. Armere Kinder winden einen Kranz von Feld- 
blumen, der auf einen Teller gelegt wird. Damit stellen sie sich auf 
die Straße und bitten Vorübergehende um einen Johannispfennig mit 
den Worten: „Ich bin klein, und du bist groß. Greif in die Tasch' und 
gib mir 'was!“ (Fr., Pf., Ber.). Andere halten eine mit Blumen 
umwundene Schnur über den Weg, in deren Mitte manchmal ein Kranz 
hängt. Mit einem kleinen Geldstück mag der Wanderer sich freie Bahn 
erkaufen (A., B., S., Bo. Vgl. W. 94). Oder sie reihen Sträußchen 
an die über den Weg gespannte Schnur und bitten Vorübergehende um 
den Kauf derselben (B., Fr., Kl.). Dieser Brauch wird auch zu Pfingsten 
geübt. Verschwunden ist der Tanz um den Johannisbaum. Dieser war 
eine aus vier Stäben bestehende, mit Kränzen und Blumen verzierte 
Pyramide, die in der Stube oder auf der Straße auf ein Tischchen 
gestellt und abends mit Lichtern verziert wurde. Beim Umtanzen der- 
selben sangen die weißgekleideten Tänzer: 
A. „Wer steht denn draußen vor der Tür 
Und tut so. leise klopfen? 
B. Es ist der Förster, steht dafür 
Und hat sich was zu suchen. 
C. Ich hab verloren meinen Schatz. 
Allhier, allhier auf diesem Platz. 
Macht auf, macht auf den Gartenl! 
Sieh da, sieh da, hier ist mein Schatz, 
Mit dem ich mich verlobet. 
Hier hast du meine rechte Hand 
Und einen Kuß zum Unterpfand, 
Auf daß du bleibst mein eigen.“ 
Ebenso hat sich das folgende Spiel verloren. Ein großer Topf, 
der Johannistopf, wird mit Kränzen geschmückt und ein Preis darunter 
gelegt. Wer mit verbundenen Augen den Topf mit einem Stecken trifft, 
erhält den Preis. Zum Schluß wird gewöhnlich eine Semmelmilch ge- 
gessen und getanzt (Sp. 149).— Trägt der Bauer am Johannistage ein 
Stück frischen Rasen unter seinem Hute, so sieht er seinen Feind, der 
ihm den Segen des Feldes raubt (Nd. 378“). Dieser schneidet an den 
vier Ecken eines jeden seiner Felder einige Ahren ab, wodurch ihr Ertrag 
1) Vgl. Böhme, D. Kinderlied und Kinderspiel, Nr. 214 ff. Simrock, D. 
deutsche Kinderbuch, Nr. 823 u. 824.
	        
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