Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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einherschreitet. Dahinter gehen die Beamten der teilnehmenden Gruben 
in halber Parade, d. h. in blauschwarzer mit goldenen Tressen und 
Knöpfen besetzter Kleidung, an der Seite den Säbel, auf dem Kopfe 
den dreieckigen Hut mit grünseidener silberner Kokarde. In ihrer Mitte 
haben sie den Bergprediger in seiner Amtstracht. Das Zentrum des 
Zuges bilden die Berghandwerker. Die Bergschmiede erscheinen in weißen, 
mit roten Puffen versehenen Oberhemden mit schwarzem Kragen und 
Aufschlägen, dazu weiße Beinkleider. Die Lenden sind mit dem schwarzen 
Schurzfell umgürtet, den Kopf bedeckt ein schwarzer Schachthut und in 
der rechten Hand tragen sie den Hammer. Die Maurer sind mit grünem 
Schachthut, schwarzem Kittel und weißen Hosen, in denen an der Seite 
eine Schmiege steckt, und gelbem Schurzfell bekleidet. Als Stab führen 
sie ein langes Ellenmaß in der Hand. Die Zimmerlinge gehen wie die 
Häuer, nur ruht, statt der Bergbarde, eine Axt auf ihren Schultern. 
Nach diesen Berghandwerkern folgen einige Züge Häuer, dann einige 
Züge Lehrhäuer. Diese sind daran kenntlich, daß sie keine Kniebügel 
haben. Bei den Knechten, die mit den Bergjungen den Schluß bilden, 
fällt auch noch der weiße Leinwandkragen und das Tscherpertäschchen weg, 
und statt der Barde stolzieren sie mit gewöhnlichen Stöcken einher. 
Die Bergjungen ermangeln auch der Stöcke. Der letzte Mann des Zuges 
ist der jüngste Steiger. Der wohlgeordnete Zug, aus etwa dreihundert 
Personen bestehend, marschiert nun unter den Klängen der Musik in 
die Kirche, wo Gottesdienst und Predigt abgehalten wird. Dann wird 
auf den Markt zurückgezogen, von wo aus die Teilnehmenden sich zer- 
streuen, um dann mit ihren Frauen zurückzukehren und den Rest des 
Tages bei Tanz, Bier und anderen Genüssen festlich zu begehen.“ Dabei 
mag es ziemlich hoch hergegangen sein; denn von dem Feste hieß es, 
wie auch heute noch in Schn.: „'s kimmt ball das Fast, wu dr Voter 
wieder speit." 
Ahnlich war die althistorische, so kleidsame Tracht der Bergleute 
bei Paraden in Olsnitz, wo das letzte große Bergfest mit Parade am 
31. Oktober 1893 zur Taufe des „Gottes-Hilfeschachtes“ abgehalten 
wurde (vgl. Seite 43). Der Bergverwalter trug weiße Hosen, eine mit 
silbernen Tressen besetzte und mit einem silbernen Kragen versehene 
Puffjacke mit darunter befindlichem Rutschleder, einen Degen mit silbernem 
Griff und Portepee, sowie einen schwarzen runden Hut mit weißem, 
unten mit Leder eingefaßten Federstutz mit Schlegel und Eisen aus 
Silber. Der Hut saß auf der weißen Fahrhaube, hinten mit freiflat- 
ternden Bändern, die in der Grube zusammengebunden wurden. Die 
Zimmerlinge waren angetan mit weißen Hosen, lackierten Kniebügeln 
aus Leder, langen, bis zu den Knien reichenden Rutschledern, grünen 
Hüten, vorn mit weißem Schlegel und Eisen. Ihren Oberkörper bedeckte 
der Paradekittel mit einem von weißen Spitzen umgebenen Kragen. 
Auf den Schultern trugen sie Axte aus Holz. Die Stelle des Leders 
1) Der letzte in der Reihe der 27 Bergprediger war der 1863 verstorbene 
K. A. Dietrich.
	        
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