Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Uberzeugung, daß die Seelen der Abgeschiedenen mit ihrer Proteusnatur 
sehr häufig die Gestalt von Tieren annehmen können und in dieser sich 
den Menschen kundgeben (ugl. Mo.2 299). Ferner haben auch die Menschen 
selbst beim Angang jederzeit bis heute eine Rolle gespielt; denn von 
Nachteil ist ferner die Begegnung mit einer alten Frau beim Beginn 
eines Ausgangs (v. 288), mit einer Frau, die einen Besen trägt (A.), 
mit Personen, die leere Gefäße oder Körbe tragen (v. 288), mit dem 
Geistlichen im Talar (A. 288), ein schon im frühen Mittelalter beste- 
hender Aberglaube (Grimm, Deutsche Mythologie, 1078); ferner, wenn man 
zurückblickt (Schl. 631), durch zwei Personen hindurchgeht (B. 6247), noch 
einmal umkehrt (allg.), stolpert (allg. 317), über Kehricht gehen muß (A. 
610). Geht ein Fremder durch die Glieder einer Familie, so nimmt er diesen 
das Glück (B., A. 624). Beim Passieren eines entlegenen Ortes oder 
bei der Begegnung mit einer Person, die einem etwas „antun“ könnte, 
soll man im Geiste sagen: „Alle guten Geister loben den Herrn!“ (Gey. 
7727). Hat man etwas vergessen, so legt man das Geholte vor dem 
Verlassen der Stube auf die Diele (A.) oder setzt sich eine Zeitlang im 
Hause nieder (allg. 315). Ist der Mann unterwegs, so soll die Frau 
nach dem Mittagessen ihren Stuhl unter den Tisch schieben, damit jener 
die Treue bewahre (Ch.). Einem Jäger darf man nie Glück wünschen 
(allg. 714). Ein verkehrt angezogenes Kleidungsstück (allg. 37) wie auch 
das llberschreiten der Haustürschwelle mit dem linken Fuß läßt es einem 
verkehrt gehen (v. 628). Steigt jemand über die Deichsel eines Wagens, 
so fährt dieser unglücklich (El.). Gegen Heimweh steckt der Bäcker den 
Lehrling in den kalten Backofen (Ehr., Ne.), sieht man ins Ofenloch 
(Ehr., Ne.). Früher, aber auch jetzt noch vorkommend, entnahm man 
dem vom Heimweh Befallenen durch Ritz oder Schnitt einen Tropfen 
Blut, der entweder in den Ofen oder ins Wasser getan wurde (Ehr., 
Ne.). Beim Antritt einer Reise sagen alte Leute: 
„Ich gehe aus und wandre, 
Mein Jesus ist der andre. 
Noch viel stärker als dieser Mann — 
Komm heran und greif' mich an.“ (A.). Vgl. W. 240. 
Unternehmungen. Ein Unternehmen hat einen schlimmen 
Verlauf, wenn es einen übeln Anfang nimmt (allg. 290). „Was 
Freitags wird begonnen, hat nie ein gut' End' genommen“ (B.). Will 
man jemandem beim Spiel oder bei ungewissen Unternehmungen Glück 
zuwenden, so soll man den Daumen halten (allg.). Schon Plinius 
erzählt, daß das Halten des Daumens für einen anderen diesem Glück 
und Gunst bringen soll. Der Daumen galt als der Sitz weissagender 
Kraft, es sollte demnach diese geheimnisvolle Kraft in Tätigkeit gesetzt 
und der gewünschte Glücksgeist festgehalten werden. Wenn nun mancher 
noch heute diesen alten heidnischen Brauch pflegt, so steckt noch etwas 
von Ehrfurcht vor dem Glücksgeist des Daumens in ihm. Um sich das 
Gelingen eines Vorhabens zu sichern, sagt man: „Hier seh ich dieses 
Haus — Von oben bis unten naus. Oben hab ich's, — Mitten bind' 
ich's, — Und unten überwind ich's (N.).
	        
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