Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Wer in der Kirche niesen muß, hat Unglück (M.). Ist während 
des Segens ein Vogel in der Kirche, so ist ein Verbrecher anwesend (Schl.). 
Bis in unsere Zeit herein nahmen Frauen und Mädchen Sträußchen 
mit zur Kirche, die in Gr. in der Bankreihe von Hand zu Hand 
wanderten. Jedes roch daran, um sich wach zu erhalten. 
Die fromme Mutter ermahnte die sich zum Kirchgang schmückende 
Tochter: „Gekräuseltes Haar, geputztes Gesicht, 
Kommen nicht vor Gottes Angesicht!“ (Gr.). 
Kleidung. Beim Anlegen eines neuen Kleides sagt man: „Gfall 
Gott, gesund zerreiß's!“ (v.). Die Beschädigung eines neuen Kleides, das 
erstmalig getragen wird, was gewöhnlich zu einem Kirchgang geschieht 
(v. 465), läßt seinen Träger darin glücklich gehen (Schl., B.). Wer sich 
an einem Kleide auf dem Leibe etwas nähen läßt, dem werden die Ge- 
danken angenäht (v.), wird die Not „an den Leib genäht“ (Ne.). 
Der Segen des Hauses schwindet, wenn Kehricht über die 
Haustürschwelle auf die Straße gekehrt wird (A. 610“,), abends aus 
der Stube kommt (Ma., Ham., A., U., Gey. 610), ein Eimer Wasser aus 
der Stube, aus dem Hause fortgegeben wird (Di., Wo., W., Mtt.), ein 
Fremder warmes Wasser aus dem Ofentopfe schöpft (W., Ch.), Montags einen 
Eimer Wasser holt (W.); ferner, wenn Montags der Ofentopf nicht voll 
ist (Cr.), an diesem Tage früh oder auch Freitags (J., Th.) oder Sonntags 
etwas, besonders Salz, verborgt oder verschenkt wird, ohne eine Gegen- 
gabe, und sei sie noch so klein, zu erhalten (A., Kl. 625), die Stube 
mittags oder erst nach Sonnenuntergang gekehrt wird (Cr., Zw.), der 
Besen in der Stube bleibt (Gey.), dieser beim Kehren nach oben gehalten 
wird (Kl., M.), ein Gegenstand, besonders Geld durch ein Fenster gegeben 
wird (L., Ehr.), ein Geschenk (Ma.), auf dem Stubentische Zusammen- 
gepacktes vor dem Forttragen nicht auf die Stubendiele gelegt wird 
(Ne.), jemand mit einem Rechen (A.), mit vollem Munde in die Stube 
kommt (B.), unter der Tür kaut (v.), am h. Abend mit Kehricht durchs 
Haus geht (A. 74“), ein Familienglied durchs Fenster steigt (U.), der 
zurückkehrende Kirchgänger das Gesangbuch zum Fenster hineingibt (Ma.). 
Betritt jemand ein Haus in demselben Augenblicke, wo es ein anderer 
verläßt, so trifft ein Unglück die Bewohner desselben (B., Ge.). Auch 
soll man Montags keinem Geld wechseln, wenn nicht das Glück schwinden 
soll (Th.). Vgl. Seite. 
Kauf und Verkauf. Als ersten Käufer am Tage sieht man 
nicht gern eine alte Frau (v.). Bei der Eröffnung eines Geschäftes, 
das großen Gewinn bringt, wenn ersteres im Zeichen der Jungfrau ge- 
schieht (A.), legt man zuerst Geld in die Ladenkasse (Ch). Auf das 
zuerst eingenommene Geldstück spuckt man, damit sich das Geld vermehre 
(allg. 633). Durch die Berührung mit Speichel wird der Gegenstand in 
den Bereich der eignen Macht gezogen. Wird in einem Geschäfte 
Sonntag früh etwas geborgt, so geht es die ganze Woche so fort (Ehr.). 
Die Handelsfrau spricht beim Einnehmen des Handgeldes: 
„Alle Leute kommen hergelaufen, 
Mir meine Waren abzukaufen. Das walte Gott!“ (IA.).
	        
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