Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 49 — 
ein Geschrei erheben, weshalb ihm die Hebamme einen Klitsch auf den 
Hintern gibt, damit die „Lebensgeister geweckt werden“ (Kö.), es zeitig 
sprechen lerne (Gd., Kl.). Schon nach dem altdeutschen Volksrechte gilt 
das Kind erst dann wirklich lebendig und lebensfähig, wenn es die vier 
Wände beschrieen hat (Meyer 107). Damit das Kind fleißig werde, 
wird es auf die Stubendiele gelegt (Ehr. 5807), welchen Brauch andere 
verwerfen, weil sie meinen, daß dadurch das Kind zum Dienen bestimmt 
werde (B.). Kinder, deren Kopf kreuzförmig gebildet ist, einen „Toten- 
kranz“ zeigt, „auf ist“, sind Todeskinder (A., Ch., Wi.). Die Nachgeburt 
wird in fließendes Wasser geworfen, damit das Kind gut und willig 
lerne (Kl. 5745), anderwärts bringt dies Beginnen der Mutter Siechtum 
und Tod (A.). Die in den Abort geworfene Nachgeburt bringt der 
Frau nach ihren Wechseljahren den Krebs (A.). Man verbrennt sie 
deshalb vielfach im Ofen. 
Natürlich achtet man bei der Geburt eines Kindes auch auf die 
Gestirne; denn der Lebenslauf derselben gestaltet sich nach dem guten 
oder bösen Planeten, unter dem das Kind geboren ward (Vgl. hierzu W. 
105., 106. M. 103). Es heißt: „Jeder Mensch hat seinen Lebensstern“ (v.). 
Einst spähte die Hebamme, die jahrhundertelang die Trägerin des 
medizinischen Aberglaubens war, gleich nach erfolgter Geburt nach einem 
bedeutsamen Sternbild am Himmel und gab allerhand gute Ratschläge, 
wenn sie ein die Zukunft des Kindes ungünstig beeinflussendes Zeichen 
erblickte. Jetzt greift man zum Kalender, der Bibel des Aberglaubens. 
Glück ist allen denen beschieden, die im Himmelszeichen der Jungfrau 
(A., Nd.), des Löwen (Gey., Ar.), der Wage (Kl., Br.), des Steinbocks 
(Zw.) und des Schützen (Zw.) zur Welt kommen, und zwar werden 
die im Löwen geborenen Kinder groß, kräftig und großmütig, den in 
der Wage angekommenen aber fällt großer Reichtum zu, wenn sie sich 
dem Kaufmannsstande widmen, auf den das Zeichen hinweisen soll. Zu- 
dem können all diesen Glückskindern böse Geister im ersten Lebensjahre 
keinen Schaden zufügen. Wenn man hier und da auch den Fischen 
einen günstigen Einfluß zuschreibt (Fr., H., A., Kl.), — es sollen in 
diesem Himmelszeichen Geborene munter wie die Fische werden und ein 
hohes Alter erreichen, — so überwiegt doch bei weitem die Meinung, 
daß diese Kinder Gefahr laufen, früher oder später einmal zu ertrinken 
(A., Kl., W., Gd. 105), ein Tod, der auch den im Wassermann an- 
gekommenen zuteil werden soll (A. 105). Dreimal macht „der Böse“ 
im Wasser den Versuch, das Kind ins Wasser zu ziehen, mit dem dritten 
vergeblichen Versuche aber verliert er die Kraft über den Menschen 
(A., Ehr.). Um ihm diese zu nehmen, werfen Eltern Kleidungsstücke 
solcher Kinder ins Wasser (Ehr., N., O), wie sie auch solche verbrennen, 
um die Kleinen vor Brandschäden zu bewahren (M., W.); bestimmt die 
Andeutung eines Opfers. Auch sollen sich im Wassermann geborene 
Kinder später dem Trunke ergeben (Cr., Th. 105). Krankheit und frühen 
Tod verkündigen Skorpion (Gey.) und Krebs (O.), auch schlagen dem in 
diesem Himmelszeichen geborenen Kinde alle Unternehmungen fehl, „es 
geht zeitlebens den Krebsgang“ (El., Schl, J., H.).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.