Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 53 — 
Der Wechselbalg. (Vgl. hierzu W. 583 ff. M. 105. 188. 
Höfler, Deutsches Krankheitsnamen-Buch, S. 25, 26). Weithin ver- 
breitet ist der Glaube an den Wechselbalg, ein dickköpfiges, mißgestaltetes 
Kind mit langen Armen und kleinen Beinen, das tückische Dämonen 
an die Stelle des gesunden Kindes legen sollen, wenn die Mutter das 
ungetaufte Kind aus dem Hause, aus der Stube trägt (8.), es allein 
in der Stube läßt (Nie., O.), mit ihm über eine angestickte Diele geht 
(Gey, J.), im „Wechsel“, d. h. bald auf dem linken, bald auf dem 
rechten Arme trägt (A. 582), oder unter dem Arme hält und mit diesem 
die Tür öffnet (Ehr., Gey.). Gegen das Eindringen der bösen Dämonen 
bleibt das Gesangbuch sechs Wochen lang im Kinderkorbe liegen (Frk.), 
Hat aber die Stube, wo der Kinderkorb steht, oder der Boden einen 
Wechsel, d. h. angestickte Dielenbretter, dann geschieht niemals ein Tausch, 
einen Wechsel überschreitet der Böse nie (Zw., Nd., Ri., Nie., O., H.). 
Ist aber dennoch ein Tausch vorgekommen, was man daran merkt, daß 
die Kinder in ihrer Entwicklung sichtbar zurückbleiben, viel schreien und 
unwillig sind, dann soll das Kind viel geschlagen werden. Sehen das 
die Wechselbutten, die man sich als kleine Leute in der Mulde wohnend 
vorstellt, so bringen sie schnell das entführte Kind wieder (Nie. Mitt. 
d. V. f. s. V., III, 319. — 585). (Dem Aberglauben vom Wechselbalg 
liegt die Tatsache des Kretinismus zu Grunde der Rhachitis congenita 
foetalis] vgl. Höfler, Deutsches Krankheitsnamen-Buch, S. 25, 26). 
Das beweist auch, daß man früher Kinder mit Wasserköpfen Wechsel- 
bälge, Wechselbutten nannte (A., O.). Nach Wuttke werden in West- 
preußen kretinartige Kinder für Wechselbälge gehalten und von allen 
gemißhandelt, dagegen in einigen Gegenden Oberfrankens sehr gepflegt 
und gut behandelt, weil sie Glück bringen. Vgl. W. 584. 
Krämpfe. („Ukraut.“ — „/8 Gietel spielt mit dem Kinde“. A., 
B.). (Vgl. hierzu W. 542 ff. M. 117). Ein ganzes Arsenal von 
Schutz= und Heilmitteln hat der Aberglaube gegen die Krämpfe, das 
sogen. „Ukraut,“ geliefert. Man legt in den Kinderkorb die sieben h. 
Himmelsriegel (O., A., B., Gey.), die Bibel, das Gesangbuch, den Trau- 
ring (Ne., Gd.), den Brautkranz (A. 542), ein auf der Straße ge- 
fundenes Stückchen Brot (Nd.), ein Hufeisen (Kö., Cr. 598“, 5427), unter 
das Bett ein vom Blitz angeleuchtetes Fenster (Ne.), stellt darunter den 
Kreuzschnabel, der nach allgemeinem Aberglauben die Krankheiten der 
Stubenbewohner an sich zieht, vor Behexung schützt und aus Dank für 
das gewährte Unterkommen freiwillig in den Tod geht. Dem Wasser, 
wovon ein solcher mit rechts gebogenem Schnabel getrunken hat, wohnt 
besondere Heilkraft inne: tropfenweise bekommt das kranke Kind davon 
zu trinken (Gd., Wo. 542). Andere wieder stellen das Bett über einen 
Wechsel und lassen die jüngste Patin kommen (Crz.), erschrecken das 
Kind heftig (J.), geben ihm Meerrettich (M.), zu Pulver gestoßene 
Kellerasseln (Ne.), die zu Pulver gestoßene Nabelschnur (A.), Schieß- 
pulver (A.), Krebsaugen (A.), einen Schluck Taufwasser (B., W. 192), 
binden ihm das Halsband einer Ziege (A.), ein schwarzes Sammetband, 
das nach 8 Tagen ins Wasser geworfen wird (O.), ein schwarzes Erb-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.