Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

— 59 — 
gefüllten Kelch zu trinken bekommt (B. 304), beim Abschiednehmen die 
Hand übers Kreuz erhält (H.), steht bald Gevatter. Hat einer das 
erste Mal die Pflicht übernommen, Pate zu stehen, so sagt man: „Er 
ist von der Sau herunter“ (Schl., A., B.). 
Name und Zahl der Paten (Vgl. hierzu M. 111). Nach 
von altersher geübtem Brauch beträgt die Zahl der Gevattern in der 
Regel drei, — der vierte Pate soll der Teufel sein (O.) —, und zwar 
werden bei einem Knaben gern zwei männliche und ein weiblicher, bei 
einem Mädchen zwei weibliche und ein männlicher bestellt (Po., O., A. 
594). Paten aus drei verschiedenen Gemeinden sichern dem Täufling 
ein langes Leben. Eine solche Wahl treffen die Eltern, denen mehrere 
Kinder nacheinander gestorben sind (Nd.). Ein lediger Pate bringt dem 
Kinde Glück (v.). Lauter ledige Paten lassen den Täufling zeitig sterben 
(A. 594"), was auch geschieht, wenn ein verheirateter Mann das erste 
Mal zu einem Knaben, eine verheiratete Frau zu einem Mädchen als 
Taufzeuge gebeten wird (A., Kl.). Ein junges Mädchen muß zuerst bei 
einem Knaben und ein junger Mann zuerst bei einem Mädchen Gevatter 
stehen, das bringt dem Patenkinde Glück bei dem andern Geschlecht 
(v. 594). Die drei ersten Paten heißen Ehrenpaten und sind die Ver- 
treter des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung (A.); die außer den 
Paten bestellten Gäste heißen Zupp= (— Zopf) oder Freßgevattern (allg.) 
oder Tratschpoten (Kl.). 
Das Patengeschenk („Eigebinde“), das aus dem Patenbriefe besteht, 
wird nach der Taufe in der Kirche dem Täufling ins Kissen gesteckt 
mit den Worten: „Hier Kind, hast du das Deine, laß jedem das Seine. 
Werde fromm und selig!“ (A., N.) und zwar nur mit der rechten Hand, 
weil die linke unglückbringend ist (N.). Die ältesten Patenbriefe meiner 
Sammlung aus der Mitte des 18. Jahrhunderts haben wie die bis ca. 
1850 quadratische Form (135:135 mm) und sind auf den Außenseiten 
mit bunten Lithographien, auf den Innenseiten mit Bibelstellen um 
einen quadratisch eingefaßten Reimspruch bedruckt. Solche Reimsprüche 
ind: 
„Mein Pathgen! dieser Tag, da du getauft bist worden, 
Bringt dich zur Seligkeit in Jesu Liebesorden: 
Bleib deinem Heiland treu, in Freud und auch in Leiden, 
Nichts, nichts, auch nicht der Tod, soll dich von Jesu scheiden. 
Wirst du stets als ein Christ, an deinen Taufbund denken, 
Will Jesus dir dereinst die Himmelskrone schenken, 
Die er zugleich für dich, als er am Kreuz gestorben, 
Durch sein vergoßnes Blut auch dir zum Heil erworben. 
  
Was ich dir, Pathgen, hier verehre, 
Das segne reichlich und vermehre 
Der höchste Vater in der Höh, 
Der heute dich läßt auserwählen, 
Und unter seine Kinder zählen, 
Damit dir's ewig wohlergeh. 
Wolkenstein, den 14. Nov. 1775. — Dieses wünschet von Herzen 
Christiane Wilden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.